Die Transplantation ist für viele Menschen mit Nierenversagen ein essentieller Schritt hin zu mehr Normalität im Alltag. Ob der Tag der Nierentransplantation plötzlich und überraschend kam, oder bereits lange vorher geplant wurde, hängt ganz davon ab, welche Form der Transplantation bei dir durchgeführt wurde. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland knapp 2000 Nieren transplantiert - davon waren etwa 500 Lebendspenden. Die restlichen Nieren kamen von sogenannten postmortalen Spendern - die vor ihrem Tod in eine Organspende eingewilligt haben.
Unabhängig davon, ob deine Transplant-OP seit langem geplant war oder nicht: ist einmal ein passendes Spenderorgan gefunden, geht es meistens ganz schnell. Im Idealfall landet deine neue Niere sofort einsatzbereit an ihrem neuen Arbeitsplatz und beginnt damit, dein Blut zu reinigen und Urin zu produzieren. Die Voraussetzung dafür ist natürlich die Transplant-OP, also der operative Eingriff, in dem die neue Niere ihr neues zuhause bekommt. In diesem Artikel schildern wir, was genau während deiner Transplantation passiert bzw. passiert ist und welche Schritte besonders wichtig sind bzw. waren. Das soll dir dabei helfen, auch die verschiedenen Schritte im Rahmen deiner persönlichen Nachkontrollen bei deinem Transplantationsteam besser zu verstehen und gut auf deine neue Niere zu achten.
Woher kommt meine neue Niere?
Woher deine neue Niere kommt, hängt ganz von der Art der Spende ab. Grundsätzlich müssen dabei die Lebendspende und die postmortale Spende voneinander unterschieden werden. Während der Spender bei der Lebendspende eine seiner gesunden Nieren an den Empfänger spendet, stammt das Spenderorgan bei der postmortalen Spende von eine:r kürzlich verstorbene:n Organspender:in.
1. Die Lebendspende
Bei der Lebendspende erhältst du deine Niere von eine:r Verwandten, oder einer Person, die dir sehr nahe steht. Zu diesem Personenkreis zählen Verwandte ersten und zweiten Grades - das heißt Eltern, Kinder oder Großeltern und Enkelkinder. Außerdem kommen Ehepartner oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Personen als potentielle Spender in Frage. Eine Ausnahme gilt für Menschen, die dir als Empfänger offenkundig emotional verbunden sind. Doch unabhängig vom Verwandtschaftsgrad oder der emotionalen Verbindung müssen alle potentiellen Spender volljährig sein.
Die Niere einer lebenden Person zu entnehmen ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen erlaubt. Dem Lebendspender darf auf keinen Fall in irgendeiner Form Druck gemacht werden. Die Person muss außerdem selbst bei bester Gesundheit sein. Überdies muss eine sehr ausführliche Aufklärung des Spenders erfolgen und zwar durch einen:e Ärzt:in, welche:r nicht Teil des Transplantationsteams ist.
Um Spender zu schützen und Missbrauch im Zusammenhang mit Lebendspenden (z.B. Organkäufe) zu vermeiden, sind diese Regelungen sogar im deutschen Transplantationsgesetz (=TPG) verankert (§ 8 Abs. 3 Transplantationsgesetz Deutschland). Ob alle Regeln eingehalten wurden, entscheidet dann in der Regel die regional zuständige Lebendspendekommission in einem Gutachten.
Eine Lebendspende ist immer ein Prozess, der lange geplant und gut vorbereitet wird, um dich und deine:n Organspender:in bestmöglich zu schützen. Ist die Lebendspende einmal abgesegnet, werdet ihr beide - das heißt Spender:in und Empfänger:in - in etwa zeitgleich operiert. Der anderen Person wird die gesunde Niere im OP-Saal entnommen, damit sie nebenan bei dir sofort eingesetzt werden kann. Dadurch ist die Zeit, in der die Niere nicht durchblutet wird (=Ischämiezeit) möglichst kurz und die Wahrscheinlichkeit, dass deine neue Niere gut funktioniert, umso höher.
Die Lebendspende ist natürlich auch mit möglichen Risiken für die Spender:in verbunden sind. Komplikationen sind für die Spender:in zum Glück heutzutage jedoch sehr selten.
2. Die postmortale Spende
Bei einer postmortalen Spende stammt die neue Niere von einem Menschen, der als Organspender registriert war und vor kurzem verstorben ist. Im Anschluss erfolgt natürlich ein Gespräch mit den Angehörigen und eine medizinische Untersuchung der verstorbenen Person. So schlimm der Tod einer geliebten Person ist, so kann es für die Angehörigen ein schöner Gedanke sein, dass durch die Organspende einer anderen Person ein oder sogar zwei neue und oftmals leichtere Leben geschenkt werden können.
Ist ein:e passende:r Empfänger:in gefunden, ist Schnelligkeit gefragt, da die Niere nach dem Tod der Spender:in oft nicht mehr richtig durchblutet wird. Um diese Zeit ohne Durchblutung (= Ischämiezeit) möglichst kurz zu halten, wird das entnommene Organ gekühlt und sauber verpackt in deine Transplantationsklinik transportiert. Doch trotz Kühlung kann die Niere nur eine gewisse Zeit außerhalb des menschlichen Körpers überleben. Für die Niere gilt da theoretisch ein Zeitfenster von 36 Stunden. Es muss also alles flott gehen.
Der Transport in das Transplantationszentrum erfolgt entweder über die Luft oder mit einem Eiltransport im Auto. Die genaue Vergabe der Spenderorgane bei der postmortalen Spende wird europaweit über die Stiftung Eurotransplant geregelt. Dabei entscheiden neben der Rangliste der wartenden Patienten oft auch regionale Faktoren. Ein Organ, das einem deutschen Organspender entnommen wird, wird also auch häufig in Deutschland wieder transplantiert, um die Transportzeit kurz zu halten.
Die Vorteile der Lebendspende (kürzere Wartezeit, Planbarkeit der Operation, kurze Ischämiezeit) sind bei der postmortalen Spende natürlich nicht alle vorhanden. Zeit für ewig wochenlange Untersuchungen bleibt also auch leider nicht.
Was passiert vor der Transplantation?
Vor der Transplantation wirst du mit gründlich über die Operation, den Ablauf, mögliche Risiken und die Narkose aufgeklärt werden. Bei der Lebendspende werden du und dein:e Spender:in im Normalfall am Tag vor der Operation oder am Morgen der Operation in die Klinik einbestellt. Hier werdet ihr in Ruhe auf die Operation vorbereitet, bevor der Eingriff mit der Einleitung der Narkose beginnt.
Bei der postmortalen Spende hängt der Zeitpunkt der Transplantation davon ab, wann eine neue Niere für dich zur Verfügung steht. Dementsprechend spontan ist wahrscheinlich auch der Operationstermin. Nachdem du über das passende Spenderorgan informiert wirst und in der Klinik eintriffst, wird noch einmal dein aktueller Gesundheitszustand geprüft. Dafür wird erneut ein komplettes Labor (=Blutpanel) ausgewertet. Vielleicht wirst du sogar noch einmal dialysiert, um deinen Körper ideal auf den operativen Eingriff vorzubereiten.
Vielleicht fragst du dich auch, warum du vor der Operation einige Katheter und Zugänge gelegt bekommst. Oft wirst du vor der Transplantation mit einem Halskatheter und einem Blasenkatheter versehen. Über sie wird dein Flüssigkeitshaushalt überwacht und bei Bedarf Medikamente gegeben.
Welche der beiden Nieren wird bei der Lebendspende entnommen?
Da dein:e Spender:in natürlich selbst eine Niere benötigt, wird - wie bei der postmortalen Spende auch - nur eine Niere transplantiert. Bei der Lebendspende wird die neue Niere natürlich der Spender:in vor Ort entnommen. Dieser Eingriff wird heutzutage oft minimalinvasiv durchgeführt. Das bedeutet, dass die Chirurg:in die Niere des Spenders nur über ein paar kleine Schnitte in der Bauchdecke von den Gefäßen im Körper löst. Ein großer Schnitt ist dann nur noch notwendig, um die Niere aus dem Körper zu holen.
Welche Niere entnommen wird, wird bereits vor der Transplantation bestimmt. Dafür werden eine Reihe an Untersuchungen - wie ein Ultraschall oder Funktionstests - gemacht. Entscheidend für die Auswahl der Niere sind Auffälligkeiten wie Zysten, die Blutversorgung der Niere und die Lage des Harnleiters. Schließlich sollst du ein top funktionierendes Organ bekommen und dein Spender auch noch eine Niere haben, die einen super Job macht. In 65% der Fälle wird die linke Niere entnommen. Die linke Niere hat eine längere Nierenvene und kann daher besser beim Empfänger eingesetzt werden.
Erhältst du eine Lebendspende erhalten, wird das Transplantat mit einer Konservierungslösung gespült und bei 4 Grad Celsius gelagert. Innerhalb von 1-3 Stunden wird die Niere dann bei dir eingepflanzt. Wenn alles normal läuft, kann dein:e Spender:in das Krankenhaus in der Regel nach 7-10 Tagen verlassen und nach 1-3 Monaten wieder einen Alltag ohne Einschränkungen führen.
Wo wird meine neue Niere eingesetzt?
Egal ob du eine Lebendspende oder eine postmortale Spende erhalten hast - dir wird oder wurde nur eine Niere transplantiert. Diese reicht deinem Körper aus, um die Funktion deiner beiden alten Nieren zu ersetzen. Die neue Niere wird in das sogenannte “kleine Becken” eingesetzt. Deine neue Niere liegt also eine Etage tiefer als deine alten Nieren und dort in engem Kontakt zu deiner Harnblase und deinem Darmausgang.
Der Schnitt für das Einsetzen der neuen Niere wird bogenförmig oberhalb der Leiste gemacht. Entscheidend ist hier, dass die Operateur:in die Gefäße deines Beckens mit den Gefäßen deiner neuen Niere verbindet. Das ermöglicht, dass die neue Niere mit Blut versorgt werden, damit sie ihre Arbeit machen kann. Zum Abschluss wird dein Harnleiter, der deine neue Niere mit deiner Harnblase verbindet, angeschlossen. So kann deine neue Niere auch wieder Urin produzieren und nach außen abgeben.
Bevor die Wunde nun verschlossen wird, wird noch ein Plastikschlauch (=Drainageschlauch) eingelegt, der in den ersten Tagen nach deiner Operation, Wundflüssigkeit aus dem Operationsgebiet abtransportieren soll.
Was passiert mit den alten Nieren?
Deine beiden alten Nieren befinden sich weiterhin in deinem Körper. Ihre Entfernung stellt nur eine zusätzliche Belastung für deinen Körper dar. Sie können also in der Regel ruhig an Ort und Stelle bleiben, ohne dass das für deinen Körper schlecht sind. Eine Ausnahme sind zum Beispiel Nieren, die mit großen Hohlräumen versehen sind (=Zystennieren). Diese stellen für dich und deinen Körper eine Belastung dar und werden möglicherweise auch entnommen.
Was passiert nach der Transplantation im Krankenhaus?
Das Einsetzen der neuen Niere dauert im Optimalfall nur wenige Stunden (2 - 3 Stunden). Nach der Transplantation wirst du dann vorsorglich und zur engeren Überwachung auf die Intensivstation verlegt. Oft dauert es eine Weile bis deine neue Niere richtig arbeitet und Urin produziert. In diesen Fällen kann es sein, dass du für einige Tage noch einmal zusätzlich dialysiert wirst.
Ist dein Zustand stabil, werden Drainagen und Schläuche entfernt und du wirst auf die Station zurückverlegt. Hier wird dich dein Team aus Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen und Pflegefachkräften bis zu deiner Entlassung begleiten und fit für deinen Alltag machen.
Wichtig ist nun, dass du deine Medikamente regelmäßig einnimmst, ausreichend trinkst und genügend Urin ausscheidest. Dann kann deine neue Niere auch möglichst lange überleben. Mittlerweile sind die Erfolgsaussichten einer transplantierten Niere sehr gut. Im Durchschnitt überlebt eine transplantierte Niere unter guter Überwachung weit über 10 Jahre. Auch mehr als 20 Jahre sind heutzutage keine Seltenheit.
Woran du dich nach der Operation halten sollst, solltest du immer mit deinem Ärzteteam besprechen. Weitere Informationen rund um die Zeit nach der Transplantation findest du auch in vielen weiteren Inhalten der Mizu App.