Die Transplantation ist ein echtes Wunder! Dein Transplantationsteam entnimmt ein Organ aus einem anderen, menschlichen Körper und setzt es in deinen eigenen ein. Hier übernimmt es die Funktion eines Organs, das aus unterschiedlichen Gründen den Geist aufgegeben hat. Heute funktioniert das mit einigen der Wichtigsten Organen überhaupt: dem Herz, der Lunge, der Leber und natürlich der Niere.
Welche Funktion das neue Organ übernimmt, hängt natürlich davon ab, welches Organ genau transplantiert wird. Die Lunge versorgt deinen Körper mit wichtigem Sauerstoff, dein Herz pumpt diesen Sauerstoff in deinem Blut durch deinen Kreislauf und die Leber spielt eine wichtige Rolle für deinen Stoffwechsel und die Entgiftung deines Körpers.
Die Niere hat mehrere überlebenswichtige Aufgaben. Sie produziert wichtige Hormone wie das Erythropoetin (= EPO), das die Bildung neuer roter Blutzellen in deinem Körper anregt. Außerdem hält sie wichtige Elektrolyte wie Natrium, Kalium oder Phosphat in deinem Blut im Gleichgewicht. Noch dazu reinigt sie dein Blut von wichtigen Schadstoffen und Abbauprodukten, entzieht deinem Körper überschüssige Flüssigkeit und hält so deinen Blutdruck in Balance.
Deine Niere ist also ein wahrer Alleskönner! Nach der Transplantation sollten all diese Funktionen natürlich geprüft werden, um sicherzustellen, dass deine neue Niere auch einen guten Job macht. Dafür kommen unterschiedliche Tests zum Einsatz. Neben Laborkontrollen und Methoden der Bildgebung (z.B. Ultraschall) spielt hier auch die sogenannte Bilanzierung eine Rolle.
Was sagt meine Ausscheidung über meine Nierenfunktion aus?
Häufig ist eine nachlassende Ausscheidung von Urin ein Zeichen für einen Flüssigkeitsmangel. Das bedeutet: Du hast einfach zu wenig Flüssigkeit zu dir genommen, weshalb du nun auch weniger Flüssigkeit ausscheidest. Die Ursache kann zum Beispiel auch Durchfall, warmes Wetter oder intensive sportliche Belastung sein. Hier führst du deinem Körper vielleicht prinzipiell genug Flüssigkeit zu, allerdings verlierst du mehr davon über deinen Stuhl oder deinen Schweiß. Dadurch ist es dann doch wieder zu wenig.
Vor allem bei der chronischen Niereninsuffizienz und nach der Transplantation kann eine Abnahme deiner Urinmenge jedoch auch für eine schlechtere Nierenfunktion sprechen. Das liegt daran, dass Urin entsteht, wenn deine Niere dein Blut reinigt. Ist sie dazu nicht in der Lage, entsteht auch kein Urin. Eine ganz einfache Rechnung!
Sollten zusätzlich Schmerzen beim Wasserlassen oder über dem Transplantat auftreten, kann eine niedrige Ausscheidung auch Zeichen einer Abstoßung oder eines Harnwegsinfektes (=HWI) sein. Beides stellt eine Gefahr für deine Niere dar. Wenn du genug getrunken hast und deine Ausscheidung nach erhöhter Flüssigkeitsaufnahme nicht steigt, solltest du daher direkt Kontakt mit deinem Transplantationsteam aufnehmen.
Was ist eine Bilanzierung?
Bei einer Bilanzierung wird - einfach gesagt - eine sogenannte Bilanz zu deinem Flüssigkeitshaushalt angefertigt. Vielleicht kennst du dieses Wort bereits aus einem anderen Zusammenhang. In der Finanzwelt wird eine Bilanz angefertigt, um Eingaben und Ausgaben gegenüberzustellen und zu sehen, was am Ende von deinem Geld noch übrigbleibt.
In der Medizin ist das relativ ähnlich. Bei einer Bilanzierung wird die Flüssigkeit, die du zu dir nimmst, mit der Flüssigkeit, die dein Körper ausscheidet, verglichen. Bei einer neutralen Bilanz stimmen diese beiden Werte nahezu überein. Dein Flüssigkeitshaushalt ist dann also im Gleichgewicht.
Was sind eine positive und negative Bilanz?
Ist das jedoch nicht der Fall, spricht man von einer positiven oder negativen Bilanz.
- Positive Bilanz: Von einer positiven Bilanz spricht man, wenn du über die Nahrung oder Infusionen (= Flüssigkeit über die Vene), mehr Flüssigkeit aufnimmst, als du ausscheidest. Grund dafür sind oft ein Herz- oder Nierenversagen. Im Anschluss sammelt sich dieses Wasser in deinem Körper (= Überwässerung). Dein Blutdruck steigt, es bilden sich Flüssigkeitseinlagerungen und diese machen sich als Gewichtszunahme bemerkbar.
- Negative Bilanz: Bei einer negativen Bilanz, scheidet dein Körper mehr Flüssigkeit aus, als du zu dir nimmst. Ursachen dafür können zum Beispiel Durchfall, Erbrechen oder das Schwitzen bei hohen Temperaturen sein. Auch eine stark gesteigerte Urinproduktion kann zu einer negativen Bilanz führen.
Wie funktioniert eine Bilanzierung?
Um eine Bilanzierung durchzuführen, muss dein Ärzteteam natürlich erst einmal feststellen, wie viel Flüssigkeit du zu dir nimmst und wie viel du ausscheidest. Dafür musst du verstehen, auf welche Art, sowohl die Flüssigkeitsaufnahme als auch die -abgabe, ablaufen.
1. Wie viel Flüssigkeit nehme ich auf?
Der wichtigste Weg der Flüssigkeitsaufnahme ist das Trinken. Gerade hier findet nach der Transplantation eine große Veränderung statt. Die Trinkmengenbeschränkungen von der Dialyse werden aufgehoben und es ist wichtig, dass deine Trinkmenge ausreichend hoch ist. Wie viel genau du nach der Transplantation trinken sollst, teilt dir dein Ärzteteam mit. Typischerweise liegt die empfohlene Trinkmenge zwischen 2 und 3 Litern pro Tag. Auch über deine Ernährung nimmst du oft ein wenig Flüssigkeit zu dir.
Solltest du dich noch in der Klinik befinden, kann es sein, dass du auch über sogenannte Infusionen Flüssigkeit erhältst. Das sind flüssige Medikamente, die direkt in deinen Blutkreislauf tropfen. Die genaue Menge der enthaltenen Flüssigkeit erfährst du von deinem Ärzte- und Pflegeteam. Zuhause fällt diese Art der Flüssigkeitsaufnahme natürlich weg.
Zuletzt produziert dein Körper im Rahmen des natürlichen Auf- und Abbaus von Stoffen in deinem Körper (= Stoffwechsel) auch selbst Wasser. Diesen Betrag musst du nicht selbst messen, denn er liegt relativ konstant bei 200 bis 300 Millilitern pro Tag.
2. Wie viel Flüssigkeit gibt mein Körper ab?
Die meiste Flüssigkeit verlierst du nach der Reinigung deines Bluts durch deine Nieren über deinen Urin. Die genaue Menge hängt natürlich von der Funktion deiner neuen Niere ab. Ist die Gesamtmenge deines Urins sehr hoch oder niedrig, kann das für eine schlechtere Funktion deiner Niere sprechen. Im Schnitt liegt die Urinmenge zwischen 1.000 und 1.500 Millilitern pro Tag. Gerade kurz nach der Transplantation sind Schwankungen in der Urinproduktion jedoch völlig normal. Welche Werte für deine aktuelle Situation angemessen sind, erklärt dir dein Ärzteteam.
Um deine genaue Ausscheidung über deinen Urin zu messen, legt dir dein Ärzteteam im Transplantationszentrum möglicherweise einen Blasenkatheter, bei dem dein Urin in einem Beutel aufgefangen wird. Hier können dein:e Ärzt:innen genau ablesen, wie viel Urin deine neue Niere produziert. Wenn du wieder zuhause angekommen bist, kannst du die genaue Urinmenge über einen Sammelkanister messen. Diesen erhältst du von deinem Ärzteteam und sammelst ganz einfach jeden Urin, den du im Laufe eines vollen Tags (24 Stunden) ausscheidest.
Neben deinem Urin enthält auch dein Stuhl Flüssigkeit. Bei normalem Stuhlgang sind das zwischen 150 und 200 Millilitern pro Tag. Bei Durchfallerkrankungen kann es natürlich deutlich mehr sein. Diesen Wert musst du natürlich nicht genau messen.
Einen weiteren Wert, den du pauschal zu deiner Flüssigkeitsausscheidung zählen kannst, ist die Ausscheidung von Flüssigkeit über deine Haut, deine Schleimhäute und deine Atemwege. Diesen Flüssigkeitsverlust bemerkst du selbst nicht und kannst ihn daher auch nicht messen. Normalerweise werden dafür pauschal 800 Milliliter pro Tag hinzugezählt.
Ein letzter individueller Punkt ist dein Schweiß. Dieser spielt vor allem bei hohen Temperaturen und starker körperlicher Anstrengung eine wichtige Rolle. Die genaue Menge kannst du allerdings nur schätzen. Das Abwiegen vor- und nach dem Schwitzen (z.B. Sport oder Sauna) kann dir hier helfen, ein Gefühl dafür zu entwickeln.
Wie berechne ich die Bilanz zuhause?
Du siehst also: Einige Werte kannst du sehr gut messen, andere sind eine reine Schätzung. Eine Bilanz ist immer etwas ungenau und braucht nicht auf den Milliliter geprüft werden.
In der Klinik wird deine Bilanz immer von deinem Transplantationsteam bestimmt. Es kann sein, dass du ein Trinktagebuch führen sollst, um deine Flüssigkeitszufuhr über Getränke exakt zu bestimmen. Deine Urinmenge wird vor allem in den ersten Tagen über einen Blasenkatheter bestimmt. Im Anschluss kommt oft ein Sammelkanister zum Einsatz. Die restlichen Werte kannst du - wie oben angegeben - grob zur Aufnahme oder Ausscheidung hinzuzählen. Zuhause angekommen kannst du deine Urinmenge weiterhin über einen Sammelkanister bestimmen. Dein Trinktagebuch kannst du genauso wie im Krankenhaus auch zuhause weiterführen.
Im Anschluss ziehst du deine ausgeschiedene Flüssigkeit (Urin, Stuhl, Verlust über Haut oder Atemwege etc.) von der aufgenommenen Flüssigkeit (Trinken, Infusionen, Stoffwechsel etc.) ab:
- Endbilanz = aufgenommene Flüssigkeit - ausgeschiedene Flüssigkeit
Liegt deine Flüssigkeitsaufnahme deutlich über deiner Flüssigkeitsausscheidung, ist der Wert deutlich positiv und man spricht von einer positiven Bilanz. Es bleibt Flüssigkeit im Körper zurück. Liegt der Wert der aufgenommenen Flüssigkeit deutlich unter der Ausscheidung, wird der Wert negativ und man spricht von einer negativen Bilanz. Dein Körper verliert also mehr Flüssigkeit, als er aufnimmt.
Viel wichtiger als eine exakte Bilanz sind jedoch die klaren Symptome einer positiven oder negativen Bilanz. Bei der positiven Bilanz sind das Wassereinlagerungen oder Bluthochdruck. Bei der negativen Bilanz sind das ein Leistungsabfall, ein schneller Herzschlag (= Puls) und ein niedriger Blutdruck. Wie genau du deine Bilanz durchführen solltest und welche Werte du anstreben solltest, besprichst du immer am besten mit deinem Transplantationsteam.