Die Transplantation ist geschafft und damit fallen viele Beschränkungen in Bezug auf die Ernährung endlich weg. Du musst dich in der Regel nicht mehr phosphat- und kaliumarm ernähren und auch die Einschränkungen der Trinkmenge sind Schnee von gestern. Irgendwann stellt sich bei vielen ein Gefühl von Normalität ein. Damit deine neue Niere möglichst lange hält, wollen wir dir trotzdem noch ein paar Tipps und Tricks an die Hand geben.
Keimarme Ernährung - was ist das?
Dein Körper ist täglich vielen Krankheitserregern und Keimen ausgesetzt und trotzdem wirst du nicht jeden Tag krank. Um das zu gewährleisten, leistet dein Abwehrsystem (=Immunsystem) täglich große Arbeit. Doch dadurch besteht auch die Gefahr, dass deine neue Niere von deinem Immunsystem als Fremdkörper entlarvt, angegriffen und abgestoßen wird. Damit das nicht passiert, kommen ab einer Transplantation die sogenannten Immunsuppressiva ins Spiel. Das sind Medikamente, die dein Abwehrsystem zum Teil unterdrücken (=supprimieren) und so dafür sorgen, dass deine Niere von dessen Radar verschwindet.
Das ist natürlich überlebenswichtig für deine neue Niere. Gleichzeitig ist dein Immunsystem nun auch nicht mehr so hellhörig, wenn tatsächlich Keime oder Krankheitserreger in deinen Körper eindringen. Dadurch bist du tendenziell anfälliger für Infektionen. Um deinen Körper zu entlasten, macht es prinzipiell Sinn, die Aufnahme von Keimen über die Nahrung möglichst im Griff zu behalten. Dieses Prinzip wird auch als “keimarme Ernährung” bezeichnet. Keimarme Ernährung bezieht sich sowohl auf die Auswahl als auch auf die Zubereitung der Lebensmittel.
Welche Nahrungsmittel sind für mich geeignet?
Lass uns doch einmal Mahlzeit für Mahlzeit durchgehen, was bei diversen Lebensmitteln zu beachten ist. Dazu beginnen wir doch gleich einmal beim Frühstück. Isst du gerne morgens Müsli mit Obst und Joghurt oder Milch? Dann kannst du das gerne weiter tun natürlich. Achte nur darauf, dass du dein Obst gründlich wäschst oder noch besser - sogar schälst. Bei Milchprodukten solltest du sicher gehen, dass es sich eher nicht um Rohmilchprodukte handelt. Das kannst du ganz einfach überprüfen, indem du nach dem Hinweis “aus Rohmilch hergestellt” auf der Verpackung suchst. Wenn nichts draufsteht, ist es typischerweise keine Rohmilch. Aus Haferflocken und gepufftem Quinoa kannst du dir ein super Müsli herstellen. Ein bisschen Vorsicht solltest du eher bei Nüssen und Trockenfrüchten im Müsli walten lassen. Wenn sie schon längere Zeit geschält und verpackt sind, können sie Schimmelsporen enthalten.
Weiter zum Mittagessen! Vielleicht gibt es bei dir ja immer mal wieder ein schönes Rindersteak oder gebratenen Tofu mit Kartoffeln und Gemüse dazu. Auch das ist mit deiner neuen Niere kein Problem. Für alle rohen Produkte wie Fleisch, Fisch, Tofu und Eier gilt, dass sie gut durchgegart werden sollen. Dem durchgegarten Lachs und dem Rindersteak in well-done (=durchgegart) steht nichts im Wege. Im Gegenzug solltest du besonders bei Sushi, Tartar oder blutigem Steak eher die Finger davon lassen. Auch rohe Eier solltest du nicht in Mengen konsumieren. Sie verstecken sich vor allem in Gerichten wie Mousse au chocolat, Sabayone, Softeis und Mayonnaise. Mayonnaise gibt es übrigens zum Beispiel auch als vegane Variante – und somit auch ohne Eier. Wenn du es nicht wüsstest, würdest du den Unterschied gar nicht schmecken.
Und nun zum Abendessen. Vielleicht steht da auch häufig mal eine gute Brotzeit auf dem Plan mit Wurst und Käse und einem frischen Salat dazu. Auch dem steht weiterhin nichts im Weg. Schau einfach, dass du dein Brot am besten frisch beim Bäcker kaufst und auf Sorten mit Nüssen verzichtest. In Scheiben vorgeschnittenes und verpacktes Brot ist tendenziell eher schimmelanfällig, daher solltest du hier Vorsicht walten lassen. Bei Wurst ist es wichtig, dass du sie frisch kaufst - am besten luftdicht verpackt, und auf das Haltbarkeitsdatum achtest. Bei Käse ist es nur relevant, dass es sich nicht um Rohmilchprodukte handelt wie zum Beispiel Brie oder Camembert. Jetzt noch zum Salat. Auf Salat von der Frischetheke solltest du zwar verzichten - denn wer weiß, wie lange der da schon rumliegt und wie viele Finger da schon dran waren. Doch selbstgemacht schmeckt eh meistens am besten. Mit gewaschener Paprika, Tomaten und Gurken lässt sich der Salat wunderbar aufpeppen. Und falls du Lust auf eine süßliche Note hast, kannst du auch noch einen Apfel reinschneiden.
Im Großen und Ganzen siehst du, dass du nach der Transplantation im Vergleich zu einer Zeit an der Dialyse deutlich weniger Einschränkungen in der Ernährung hast. Es gibt zwar ein paar Dinge zu beachten, aber verhungern wirst du nicht. Ganz im Gegenteil – besonders im Vergleich zum Speiseplan in deiner Zeit an der Dialyse hast du nun eine deutlich größere Auswahl.
Für einen besseren Überblick, hier die wichtigsten Informationen noch einmal in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Welche Zubereitungsarten sind für mich geeignet?
Beim Lesen dieses Texts, hast du sicherlich schon bemerkt, dass bei der keimarmen Ernährung auch die Art der Zubereitung eine entscheidende Rolle spielt.
Bist du schon einmal in ein Land gereist, in dem niedrigere Hygienestandards herrschen als bei uns? Damit du dir dort keine Lebensmittelinfektion einfängst, gilt der englische Spruch:
“Wash it, cook it, peel it or forget it” der so viel bedeutet wie: "Waschen, kochen, schälen oder vergiss es”. Im Prinzip gilt für die keimarme Ernährung derselbe Grundsatz. Was das jetzt genau bedeutet, wollen wir uns einmal gemeinsam anschauen.
Bei allen Lebensmitteln, die du roh verzehren kannst - wie zum Beispiel Obst und Gemüse - ist es wichtig, dass du sie vorher gründlich wäschst. Noch besser geeignet sind natürlich Sorten, die geschält werden wie zum Beispiel Orangen. An dieser Stelle gleich noch ein wichtiger Hinweis: Grapefruit, Pomelo, Sternfrucht und Granatapfel können den Abbau deiner Medikamente negativ beeinflussen und dürfen von dir daher nicht verzehrt werden. Wie du siehst gibt es wenige Sachen, die “verboten” sind nach einer Transplantation. Von diesen Lebensmitteln solltest du aber echt die Finger lassen.
Noch besser ist es natürlich, wenn du deine Lebensmittel kochst. Durch die Hitze tötest du beim Kochen Keime ab. Das gilt natürlich auch für das Anbraten. Dieser Grundsatz ist besonders wichtig bei Fleisch, Fisch und Eiern. Da solltest du immer darauf achten, die Lebensmittel komplett durchzugaren.
Ist das Garen von Fleisch, Fisch oder Eiern nicht möglich, solltest du lieber darauf verzichten. Das gilt auch für fertige Produkte, in denen rohes Fleisch, roher Fisch oder rohe Eier enthalten sind. Doch da fallen einem eigentlich keine ein - außer die Eier in der Mayonnaise oder in der Mousse au chocolat. Und da kannst du dich gerne von der veganen Küche inspirieren lassen. Es gibt ein wahnsinnig leckeres Avocado-Schoko-Mousse. Zugegeben, das klingt verrückt, ist aber unglaublich gut!
Worauf kann ich bei Getränken achten?
Zu Zeiten der Dialyse fallen viele Getränke aufgrund des hohen Phosphat- und Kaliumgehaltes sowie der Flüssigkeitseinschränkung eher weg. Darauf musst du nach der Transplantation in der Regel nun nicht mehr so stark achten. Dass Getränke wie Cola und Bier jedoch trotzdem in Maßen genossen werden sollten, ist klar. Doch dem gelegentlichen Genuss von Softdrinks steht erst mal nichts im Weg.
Um deine neue Niere zu entlasten, achte nur darauf, dass du offene Getränkeflaschen im Kühlschrank lagerst und am besten innerhalb von 24 Stunden verbrauchst. Getränke mit abgestandener Kohlensäure schmecken ja eh nicht mehr so gut.
Wenn du dir Tee oder Kaffee zubereitest, verwende dazu kochendes Wasser und trinke die Getränke frisch. Im Fall von Tee, nimm den Teebeutel am besten nach ca. 3 Minuten heraus und lasse ihn nicht ewig im Wasser ziehen. Damit verhinderst du auch, dass der Beutel durchweicht und der Tee nachher lose in deiner Tasse herum schwimmt. Überkommt dich der Durst auf ein heißes Getränk unterwegs, dann geh am besten in ein Cafe und lass es dir frisch zubereiten. Das schmeckt in der Regel viel besser als der Tee, Kaffee oder Kakao aus dem Automaten.
Bist du eher der Wassertrinker, dann nimm dir am besten eine eigene Flasche mit, die du immer wieder auffüllst und täglich reinigst. Achte bei Leitungswasser darauf, dass du es eine gewisse Zeit laufen lässt, bevor du es zum Trinken verwendest. So gehst du sicher, dass es frisch und besonders lecker ist. Auf Reisen und unterwegs, kauf’ dir unterwegs abgepackte Wasserflaschen.
Worauf sollte ich beim Einkaufen achten?
Jetzt hast du schon gesehen, dass sich die keimarme Ernährung mit ein paar Tipps und Tricks gut in deinen Alltag integrieren lässt. Wie kannst du auch beim Einkaufen darauf achten, möglichst die Kontrolle über potenzielle Keimquellen zu behalten?
Am besten gehst du mehr als einmal die Woche einkaufen. So hast du immer frische Zutaten und kannst sicher sein, dass das Haltbarkeitsdatum nicht überschritten wird. Natürlich kannst du Lebensmittel wie Nudeln oder Konserven, die eh lange haltbar sind, auf Vorrat kaufen. Schau beim Ausräumen des Einkaufes vielleicht darauf, dass du die neuen Produkte hinten im Vorratsregal einsortierst. So gehst du sicher, dass die “Älteren” zuerst verwendet werden.
Ansonsten kannst du dich weiterhin von dem Lebensmittelangebot im Supermarkt inspirieren lassen. Hier darfst du gerne auch oberflächlich sein und beim Obst und Gemüse das wählen, was am schönsten aussieht und keine Dellen hat. Schau auch bei verpackten Produkten, dass die Verpackung in Takt ist. Häufig bieten sich dazu Lebensmittel an, die eher weiter hinten im Regal einsortiert sind. Achte bei Eiern darauf, dass die Schale keine Risse aufweist. Es gibt schließlich auch nichts Ärgerlicheres als Rührei in der Einkaufstasche.
Bei frischen Waren, wie zum Beispiel Brot, geh lieber auf einen Plausch zu deinem Lieblingsbäcker und lass die Selbstbedienungstheke links liegen. Du weißt nicht, wie viele Finger das schon in der Hand hatten. Und außerdem schmeckt das frische Brot vom Bäcker in der Regel eh besser.
Und zu guter Letzt noch einen Tipp zum Einkauf von Tiefkühlware. Nimm dir dazu am besten schon eine Kühltasche mit und wenn du magst auch ein paar Kühlpacks. So kannst du sicherstellen, dass die sogenannte Kühlkette nicht unterbrochen wird. Und dann ab in die Tiefkühltruhe zu Hause oder direkt verwenden!
Wie bereite ich mein Essen am besten vor?
Du weißt bereits, dass du alles, was ordentlich erhitzt wird, in der Regel ohne Bedenken essen kannst. Wir wollen dir jetzt noch ein paar nützliche Tipps für die Hygiene in der Küche und beim Kochen mit an die Hand geben.
Dass man sich vor dem Kochen und dem Essen die Hände waschen sollte, ist nichts Neues. Das gilt berechtigterweise ja für alle Menschen. Wenn du das bisher noch nicht routinemäßig gemacht hast, ist es höchste Zeit, dir diese Etikette als Selbstschutz anzugewöhnen. Auch nach dem Kontakt zu rohen Lebensmitteln wie Fisch, Fleisch und Eier, wird das Händewaschen empfohlen. Denn so kann man verhindern, dass mögliche Keime auf andere Lebensmittel übertragen werden.
Wenn du es ganz genau nehmen möchtest, dann ist es empfehlenswert für Produkte wie rohen Fisch und Fleisch ein eigenes Schneidebrett zu verwenden. Am besten eines aus Glas, in dem sich die Keime gar nicht erst festsetzen können und das in der Spülmaschine gereinigt werden kann. Um dich daran zu erinnern, kannst du dir zum Beispiel ein buntes Schneidebrett für diese Lebensmittel zulegen. Dann kommt es hier nicht zu Verwechselungen.
Ansonsten solltest du darauf achten, dass du die Oberflächen deiner Küche regelmäßig abwischst und auch deinen Brotkorb und deinen Kühlschrank immer mal wieder mit Essiglösung auswäschst. So gibst du Schimmelsporen erst gar keine Chance zu entstehen. Doch dass eine Küche möglichst schimmelfrei sein sollte, ist vermutlich auch nichts Neues für dich.
Wenn du dann noch deine Geschirr- und Spüllappen täglich oder alle 2-3 Tage austauschst und bei 60 °C wäschst, dann bist du ganz vorne mit dabei.
Wie bewahre ich Essen am besten auf?
Freust du dich auch, wenn beim Abendessen etwas für den nächsten Tag übrig bleibt und du zu Mittag nicht wieder kochen musst? Oder kochst du gerne vor?
Dann ändert sich hierbei absolut gar nichts für dich. Verpack die übrigen Portionen weiterhin in einem luftdichten Behälter. Den kannst du entweder 2 bis 3 Tage im Kühlschrank aufheben und innerhalb dieser Zeit verwenden. Oder du frierst deine Mahlzeit - ebenfalls luftdicht verpackt - ein. Für beides eignen sich zum Beispiel Tupperdosen.
Möchtest du deine eingefrorenen Mahlzeiten auftauen, dann stelle sie dafür am besten in den Kühlschrank - auch wenn es dadurch etwas länger dauert. Das überschüssige “Tauwasser” kannst du dann vorsorglich entsorgen, bevor du das Essen aufwärmst. Natürlich kannst du das Ganze beschleunigen, indem du deine Mahlzeit direkt in die Pfanne oder in den Topf schmeißt und dort erhitzt.
Generell gilt sowohl für dich als auch für andere: Was nicht mehr gut riecht oder “schlecht” aussieht, kommt weg. Keiner möchte sich gerne den Magen verderben - mit oder ohne neue Niere. Für dich gilt zusätzlich noch die Devise: Abgelaufene Lebensmittel sollten nicht mehr verzehrt werden.
So und jetzt sind wir auch schon am Ende angekommen. Gib dir ein bisschen Zeit, dich umzustellen und genieße dabei auch die neugewonnenen Freiheiten: Du kannst in der Regel (Wasser) trinken so viel du willst und über die Menge an Kalium und Phosphat in deinen Lebensmitteln brauchst du dir oft auch nicht mehr so viel wie zuvor den Kopf zu zerbrechen. Achte natürlich weiterhin auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Viel Spaß beim Essen!