Sex wird häufig als “die schönste Sache der Welt” bezeichnet und der Wunsch sich sexuell auszuleben ist etwas ganz Natürliches. Klar dient es auf der einen Seite der Fortpflanzung - hauptsächlich soll es aber Spaß machen. Wenn das Sexleben aus irgendeinem Grund nicht mehr so erfüllend ist, kann das eine große Belastung darstellen. Zumal erfüllender Sex glücklich macht und erheblich zur Lebensqualität beiträgt. Dennoch haben fast die Hälfte aller Menschen - unabhängig vom Geschlecht - Probleme beim Sex. Die Gründe dafür sind vielfältig. Hast du eine chronische Nierenschwäche, kann das einen erheblichen Einfluss auf deine Sexualität haben. Welche Probleme auftreten können und wie sie zum Teil gelöst werden können, erfährst du in diesem Artikel.
Sexuelle Dysfunktion - was ist das?
Im Zusammenhang mit Problemen beim Sex fällt häufig der Ausdruck “sexuelle Dysfunktion” (=sexuelle Funktionsstörung). Dieser Begriff fasst verschiedene Gründe zusammen, die dazu führen können, dass dich dein Sexleben nicht mehr so erfüllt.
Häufige sexuelle Funktionsstörungen bei Menschen mit Niereninsuffizienz sind:
- Vermindertes sexuelles Verlangen (=Libidoverlust)
- Erektionsstörungen beim Mann
- Frühzeitiger Samenerguss beim Mann, der als störend empfunden wird
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
- Ausbleiben des Orgasmus
Ganz unabhängig von der Nierenfunktion leiden viele Menschen unter diesen Problemen beim Sex. Du bist also nicht allein mit deinen Sorgen und Fragen rund um dieses Thema. Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen. Klar… das ist oft leichter gesagt als getan. Trotzdem hilft es vielleicht zu wissen, dass es vielen anderen Menschen auch so geht - viel mehr, als du dir vielleicht erst einmal denkst.
Ursachen für eine sexuelle Dysfunktion bei Niereninsuffizienz
Du weißt bereits, dass es viele Menschen auf der Welt gibt, die das ein oder andere Problem beim Geschlechtsverkehr haben. Hast du eine chronische Nierenschwäche, dann kann das möglicherweise auch dein Sexleben beeinflussen. Doch welche Auswirkungen kann deine Nierenfunktion auf deine Sexualität haben?
Störung der Geschlechtshormone (=Sexualhormone)
Deine Nieren übernehmen viele wichtige Aufgaben in deinem Körper. Funktionieren sie nicht mehr so, wie sie eigentlich sollten, hat das Einfluss auf viele verschiedene Bereiche in deinem Körper. Unter anderem kann es deine Geschlechtshormone (=Sexualhormone) negativ beeinflussen.
Geschlechtshormone (=Sexualhormone) sind Botenstoffe, die - wie der Name schon sagt - einen großen Einfluss auf die Entwicklung deines biologischen Geschlechts haben. So sorgen sie bei heranwachsenden Männern zum Beispiel dafür, dass die Muskelmasse und die Behaarung zunehmen. Außerdem sind sie für den Stimmbruch verantwortlich. Bei heranwachsenden Frauen regen die Sexualhormone zum Beispiel die Brustentwicklung an und steuern den weiblichen Zyklus. Außerdem spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft und während der Stillzeit. Bei beiden Geschlechtern haben sie überdies einen großen Einfluss auf die Sexualität zum Beispiel das sexuelle Verlangen (=Libido).
Die meisten Geschlechtshormone werden beim Mann in den Hoden und bei der Frau in den Eierstöcken gebildet. Eine Nierenschwäche kann die Bildung und den Abbau der Sexualhormone stören. Das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Hormonen im Körper ist jedoch so komplex, dass es sogar viele Mediziner:innen überfordert. Das heißt: Über den genauen Einfluss deiner Nierenschwäche auf die Sexualhormone, musst du dir nicht unbedingt den Kopf zu zerbrechen. Was du dir jedoch merken kannst: Je weiter deine Nierenfunktion abnimmt, desto wahrscheinlicher ist ein negativer Einfluss auf die Sexualhormone und damit auch auf deine Sexualität. Andersherum kann über eine Verbesserung deiner Nierenfunktion und nach der Transplantation auch oft wieder das Gleichgewicht deiner Sexualhormone verbessert werden.
Deine Fruchtbarkeit nimmt mit sinkender Nierenfunktion in der Regel ab. Das äußert sich bei Frauen zum Beispiel durch einen veränderten Zyklus oder gar das Ausbleiben der Periode. Das wiederum kann eine Schwangerschaft deutlich erschweren.
Nebenwirkungen von Medikamenten
Menschen mit Nierenschwäche sind zudem häufig auf Medikamente angewiesen. Du weißt wahrscheinlich, dass viele Medikamente mit einer langen Liste an Nebenwirkungen daherkommen. Sexuelle Unlust (=Libidoverlust) als Nebenwirkung von Medikamenten ist zum Beispiel keine Seltenheit. Gemeinsam mit deinem Ärzteteam kannst du einen Blick auf deinen Medikamentenplan werfen. Vielleicht besteht eine Möglichkeit, dass sich dein Liebesleben durch einige Anpassungen deiner Medikamente verbessern lässt.
Begleiterkrankungen
Gerade beim Mann spielt die Durchblutung des Penis eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Erektion. Durch eine sexuelle Stimulation und dadurch ausgelöste Nervenimpulse wird der Einstrom von Blut in den Penis erhöht und der Blutabfluss vermindert. Das sorgt dafür, dass der Druck im Penis zunimmt. Dadurch richtet sich der Penis auf und wird steif. Häufige Begleiterkrankungen bei chronischer Nierenschwäche sind zum Beispiel Bluthochdruck (=Hypertonie) oder die Zuckerkrankheit (=Diabetes mellitus). Beide können einen negativen Einfluss auf die Gefäße haben. Je nachdem, wie schwer deine Gefäße dadurch geschädigt sind, kann das auch Einfluss auf die Blutversorgung deines Penis haben und zu Erektionsstörungen führen.
Psychisches Wohlbefinden
Einen weiteren großen Einfluss auf dein Sexleben hat dein psychisches Wohlbefinden. Stress und eine negative Grundstimmung können auch dazu führen, dass dein sexuelles Verlangen abnimmt, es zu Erektionsstörungen kommt und die körperlichen Einflüsse durch die Niereninsuffizienz noch verstärkt werden. Eine chronische Erkrankung, wie die Nierenschwäche, kann schon allein sehr belastend sein. Kommt dann vielleicht sogar noch Stress auf der Arbeit oder in der Familie dazu, fällt es einem ganz schnell schwer den Kopf abzuschalten - auch beim Sex.
Du siehst, es gibt viele verschiedene Gründe, weshalb du dein Sexleben aktuell vielleicht als nicht so erfüllend empfindest. Doch keine Sorge - es gibt für vieles eine Lösung. Dazu erfährst du mehr im nächsten Abschnitt.
Welche Möglichkeiten gibt es bei sexueller Dysfunktion?
So vielfältig wie die Auslöser für Probleme beim Sex sind, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten der Therapie. Im Folgenden findest du eine kurze Übersicht über einige der wichtigsten Therapiemöglichkeiten:
Medizinische Beratung
Da sowohl die Auslöser für eine sexuelle Dysfunktion als auch die Lösungsansätze sehr vielfältig und individuell sind, solltest du auf jeden Fall mit deine:r behandelnden Ärzt:in darüber sprechen. Das kann am Anfang dein:e Hausärzt:in oder auch dein:e Nephrolog:in sein - am besten jemand, dem du vertraust. Je nach Ausmaß deiner Schwierigkeiten beim Sex kann es sich auch lohnen, Kontakt zu einem Spezialisten aufzunehmen. Das sind für Frauen in der Regel die Gynäkolog:innen und bei Männern die Urolog:innen.
Da die Hürde über sexuelle Probleme persönlich zu sprechen oft sehr groß ist, bietet das Informationszentrum für Sexualität und Gesundheit (ISG) in Freiburg einen tollen Dienst an. Dort kannst du anonym per Telefon Fragen rund um das Thema sexuelle Funktionsstörungen stellen. Von geschulten Mitarbeitern erhältst du seriöse und wissenschaftlich belegte Informationen.
Medikamente überprüfen
Wie du bereits weißt, können manche Medikamente deine Sexualität negativ beeinflussen und zum Beispiel sexuelle Unlust verstärken oder auslösen. Wenn du regelmäßig Medikamente einnimmst, lohnt es sich einmal, mit deine:r behandelnden Ärzt:in über mögliche Auswirkungen auf dein Sexleben zu sprechen. Häufig gibt es Alternativen, die weniger Einfluss auf deine Sexualität haben.
Vorgehen bei Erektionsstörungen
Ist es schwierig für dich als Mann eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten? Dafür brauchst du dich auf gar keinen Fall zu schämen. Vielen Männern geht es genauso. Sprich am besten mit deine:r behandelnden Ärzt:in darüber. Gemeinsam könnt ihr herausfinden, was der/die Auslöser sind. Das können zum Beispiel Störungen deiner Sexualhormone sein oder eine Begleiterkrankung wie Bluthochdruck oder Diabetes. Auch diese können deine Erektion negativ beeinflussen. Auch psychische Faktoren, wie zum Beispiel Stress können ein Grund sein.
Je nachdem, was der Auslöser für dein Erektionsproblem ist, gibt es verschiedene unterstützende Maßnahmen - von Medikamenten, psychologischer Unterstützung bis hin zu mechanischen Hilfsmitteln.
Ein mechanisches Hilfsmittel ist zum Beispiel eine Penispumpe in Kombination mit einem Penisring. Die Penispumpe wird auf deinen Penis gesetzt und ist mit einer Handpumpe verbunden. Durch die Betätigung dieser Pumpe entsteht ein Unterdruck. Dadurch strömt vermehrt Blut in deinen Penis und er wird steif. Wenn du das gewünschte Ergebnis erzielt hast, kannst du die Penispumpe wieder entfernen. Danach ziehst du einen Penisring bis zum Ansatz über deinen Penis. Dieser Ring verhindert, dass das Blut zu schnell wieder abfließt. Damit sorgt er dafür, dass dein Penis steif bleibt.
Sexualtherapie
Häufig lässt sich nicht ein einzelner Auslöser für Schwierigkeiten beim Sex finden. Da das Thema in unserer Gesellschaft immer noch eng mit Scham verbunden ist, kommt in vielen Fällen eine psychische Komponente hinzu oder ist sogar der Hauptauslöser. Doch auch in diesem Bereich gibt es Fachfrauen und -männer, sogenannte Sexualtherapeut:innen. Bei der Sexualtherapie handelt es sich um eine spezielle Form der Psychotherapie. Wie der Name schon sagt, widmet sie sich vor allem der Wiederherstellung eines erfüllten Sexuallebens. Das kann in Form von Einzelsitzungen geschehen oder auch mit deine:r Partner:in gemeinsam.
Nierentransplantation
Vor allem für Frauen mit schwerer chronischer Nierenschwäche bzw. für dialysepflichtige Frauen verbessert sich die Fruchtbarkeit und auch die Sexualität häufig deutlich nach einer Nierentransplantation. Grund dafür ist, dass deine Nieren auch einen erheblichen Einfluss auf deinen Hormonhaushalt haben, der wiederum deine Fruchtbarkeit beeinflusst. Da ist es kein Wunder, dass mit abnehmender Nierenfunktion auch die Fruchtbarkeit abnimmt. Eine Nierentransplantation dient jedoch primär der Therapie bei (kompletten) Versagen deiner Nieren und nicht der “Fruchtbarkeitsförderung”. Wenn du zu dem Thema mehr wissen möchtest, dann sprich doch mal mit deine:r behandelnden Ärzt:in.
Wie du siehst, können Schwierigkeiten beim Sex auf viele verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. So vielfältig die Ursachen sind, so breit gefächert sind auch die Lösungsansätze. Um die bestmögliche Unterstützung zu bekommen, sprich am besten frühzeitig mit deine:r behandelnden Ärzt:in. Gemeinsam werdet ihr mit Sicherheit eine geeignete Lösung für dein Problem finden und du wirst hoffentlich bald wieder ein erfülltes Sexleben führen.