Warum ist es wichtig meine Nierenfunktion regelmäßig zu kontrollieren?
Nierenschwäche ist nicht gleich Nierenschwäche. Eine der Hauptaufgaben deiner Niere, stellt die Reinigung des Blutes dar. Wie viel Blut deine Niere pro Minute reinigt, kann durch die Berechnung der Glomerulären Filtrationsrate (=GFR) bzw. der geschätzten Glomerulärenfiltrationsrate (=eGFR) dargestellt werden. Um die GFR zu berechnen wird u.a. die Menge an Urin, die du in 24 Stunden ausscheidest (=24-Stunden-Sammelurin), benötigt. Das ist recht umständlich. Zur Berechnung der eGFR braucht man diesen Wert nicht, weshalb die eGFR häufiger zur Kontrolle der Nierenfunktion verwendet wird. Mit der GFR lässt sich die Niereninsuffizienz grob in 5 Stadien einteilen, wobei die Funktion deiner Niere von Stadium 1 bis Stadium 5 immer weiter abnimmt:
Wenn kein anderer Hinweis für ein Problem mit deiner Niere vorliegt - wie beispielsweise eine erhöhte Menge an Eiweiß im Urin (=Proteinurie) - gelten Stadium 1 und 2 nicht als Krankheit. Diese beiden Stadien machen einfach darauf aufmerksam, dass deine Nieren nicht mehr so gut funktionieren, wie früher.
Doch nur weil deine Niereninsuffizienz einmal einem bestimmten Stadium zugeordnet wurde, heißt das nicht, dass das auch so bleibt. Vielleicht hat dein:e Ärzt:in auch schon mal von dem Progress deiner Niereninsuffizienz gesprochen. Ein schneller Progress bedeutet, dass deine Nierenfunktion rasch abnimmt. Bei einem langsamen Progress bleiben deine Nierenwerte und damit die Funktion deiner Niere auf lange Sicht gesehen relativ gleich. Um einen Überblick über den Verlauf zu behalten und bei fortschreitender Verschlechterung so früh wie möglich eingreifen zu können, ist es wichtig, dass du die Funktion deiner Nieren in regelmäßigen Abständen von deinem:r Hausärzt:in oder deinem:r Nephrolog:in kontrollieren lässt. Das empfohlene Zeitintervall für die Kontrolluntersuchungen richtet sich vor allem nach dem aktuellen Stadium deiner Niereninsuffizienz.
Wie häufig sollte ich meine Nierenfunktion kontrollieren lassen?
Um festzulegen in welchem Stadium sich deine Niereninsuffizienz befindet, spielt zusätzlich zur GFR/eGFR die Menge an Eiweiß (=Protein), die du über den Urin ausscheidest, eine wichtige Rolle. Damit dein Arzt den zeitlichen Abstand zwischen deinen Kontrolluntersuchungen festlegen kann, werden beide Werte berücksichtigt. Vereinfacht zusammengefasst, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) folgendes:
- Bis zu einer GFR von 45 ml/min solltest du mindestens einmal jährlich zur Kontrolle gehen.
- Unterschreitet deine GFR 45 ml/min, wird empfohlen mindestens zwei Mal im Jahr zur ärztlichen Kontrolle zu gehen.
- Beträgt deine GFR weniger als 15 ml/min wird mindestens vier Mal im Jahr eine Kontrolluntersuchung empfohlen. Je nach Ausmaß ist in diesem Stadium schon eine Dialysetherapie notwendig. In diesem Fall gelten wieder andere Richtlinien.
Doch was genau wird denn jetzt bei diesen Verlaufskontrollen normalerweise von deinem:r Nephrolog:in untersucht?
eGFR und Serumkreatinin
Im Rahmen der festgelegten Verlaufskontrollen sollte immer die eGFR bestimmt werden. Wie oben schon angesprochen, handelt es sich um die geschätzte Glomeruläre Filtrationsrate, die angibt, wie viel Blut deine Nieren pro Minute reinigen. Zur Berechnung dieses Wertes benötigt man verschiedene Informationen. Dazu zählt die Menge an Kreatinin in deinem Blut (=Serumkreatinin). Kreatinin ist ein sogenanntes “Abfallprodukt”, das vor allem bei der Energiegewinnung deiner Muskeln im Körper anfällt und über die Niere ausgeschieden wird. Kann die Niere dein Blut nicht mehr wie gewohnt reinigen, bleibt mehr Kreatinin zurück und es kommt zu einem Anstieg des Serumkreatinins.
Der Serumkreatinin-Wert und der eGFR-Wert geben somit Auskunft über deine Nierenfunktion und werden zur Verlaufskontrolle mit deinen vorherigen Werten verglichen. So erhalten du und dein:e behandelnder:e Ärzt:in Auskunft über die Entwicklung deiner Niereninsuffizienz. So kann auch die oben beschriebene Progression deiner Niereninsuffizienz genau im Auge behalten werden.
Blutdruck
Ein zu hoher Blutdruck (= Hypertension) kann sowohl eine Ursache für einen chronische Niereninsuffizienz als auch ihre Folge sein. So ist ein dauerhaft erhöhter Blutdruck für deine Niere nicht gesund und kann auch dein Herz-Kreislaufsystem belasten. Daher sollte dein Blutdruck nicht nur im Rahmen der Kontrolluntersuchungen gemessen werden, sondern auch regelmäßig von dir zu Hause kontrolliert werden. Ganz generell sollte dein Blutdruck dabei Werte von 140/90 mmHg nicht überschreiten. Kommt es dennoch regelmäßig zu hohen Blutdruckwerten, warte nicht bis zum geplanten Kontrolltermin, sondern wende dich schon früher an dein:e Ärzt:in.
Eiweiß im Urin
Wenn die Niere dein Blut reinigt und den “Abfall” über den Urin ausscheidet, ist normalerweise nur wenig Eiweiß (=Protein) enthalten. Bei Nierenerkrankungen kann es jedoch zur vermehrten Ausscheidung von Eiweiß über den Urin kommen (=Proteinurie). Die Menge an Eiweiß im Harn sollte im Rahmen deiner ersten Diagnose bereits einmal ermittelt worden sein. Wurden in diesem Fall erhöhte Mengen an Eiweiß im Urin nachgewiesen (mehr als 30 mg/g), dann sollte eine Kontrolle in regelmäßigen Abständen im Rahmen deiner Verlaufskontrollen erfolgen. Dazu wird in der Regel der sogenannte Albumin-Kreatinin-Quotient (=ACR) ermittelt.
Diabetes mellitus
Die Hauptursache für die Entstehung einer chronischen Niereninsuffizienz ist die sogenannte Zuckerkrankheit (=Diabetes mellitus). Hohe Blutzucker-Werte schädigen jedoch nicht nur die Niere, sondern belasten - wie hoher Blutdruck auch - dein Herz-Kreislaufsystem. Daher steht die optimale Einstellung des Blutzuckers im Vordergrund.
Bei einer bestehenden Zuckerkrankheit werden neben deinem Nüchternblutzucker-Wert (=Blutzucker gemessen 8 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme) und deinem HbA1c (=Langzeitblutzucker-Wert) regelmäßig deine Nierenfunktion und die Menge an Proteinen in deinem Urin untersucht. Dafür wird häufig der oben angesprochene ACR-Wert verwendet. Für genauere Informationen hierzu sprichst du am besten mit deinem:r behandelnden Ärzt:in.
Anämie
Die Niere übernimmt in deinem Körper verschiedenen Aufgaben. Unter anderem regt sie die Bildung von neuen roten Blutkörperchen (=Erythrozyten) an. Deine roten Blutkörperchen bestehen zu einem großen Teil aus dem roten Blutfarbstoff - dem Hämoglobin. An diesen roten Blutfarbstoff bindet der Sauerstoff und wird auf diesem Weg von deinen roten Blutkörperchen von einer Zelle zur nächsten transportiert.
Wenn die Funktion deiner Niere eingeschränkt ist, kann es sein, dass dein Körper weniger rote Blutkörperchen bildet. Damit steht auch weniger Hämoglobin für den Sauerstofftransport zur Verfügung. Zu wenig Hämoglobin im Blut wird auch als Blutarmut bzw. Anämie bezeichnet. Hast du eine Anämie, kann es sein, dass du dich häufig müde fühlst, schlechter Luft kriegst v.a. bei Anstrengung und blass bist.
Liegt der Hämoglobinwert (=Hb) bei Frauen mit chronischer Nierenerkrankung unter 12 mg/dL und bei Männern unter 13 mg/dL spricht man von einer Blutarmut (=Anämie).
Da das Risiko für die Entwicklung einer Anämie bei Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz höher ist als bei Nierengesunden, sollte der Hb-Wert regelmäßig bestimmt werden:
- Liegt deine GFR unter 45 ml/min, solltest du deinen Hämoglobin-Wert durch eine Blutabnahme mindestens einmal im Jahr bestimmen lassen.
- Beträgt deine GFR weniger als 30 ml/min, sollte die Bestimmung zweimal im Jahr erfolgen.
Neben einer Einschränkung der Nierenfunktion kann auch ein Eisenmangel zur Anämie führen. Wurde bei dir eine Blutarmut festgestellt, sollten zusätzlich die Laborparameter Ferritin und die Transferrinsättigung bestimmt werden, um einen Eisenmangel als mögliche Ursache zu bestätigen oder zu widerlegen. Bei Rückfragen und Unklarheiten steht dir aber auch jederzeit dein betreuendes Ärzteteam zur Seite.
Weitere Laborwerte
Weitere wichtige Laborwerte bei chronischer Niereninsuffizienz sind: Vitamin D, Calcium, Phosphat und das Parathormon.
Vitamin D hat einen großen Einfluss auf unsere Knochenstabilität und wird sowohl über die Nahrung aufgenommen als auch vom Körper selbst gebildet. Doch egal wie der Körper zu seinem Vitamin D kommt, damit es seine Funktionen im Körper ausüben kann, muss es von der Niere aktiviert werden. Daher kann eine Niereninsuffizienz zu einem Mangel an aktivem Vitamin D führen und es in der Folge zu weniger Stabilität in den Knochen kommen.
Die Stabilität der Knochen entsteht u.a. durch den Einbau von Calcium und Phosphat, das über die Nahrung aufgenommen wird. Für ausreichend Calcium im Blut sorgt neben Vitamin D das sogenannte Parathormon, das in der Nebenschilddrüse gebildet wird. Dabei wirkt sich Vitamin D positiv auf die Knochenstabilität aus, in dem es den Einbau von Calcium in den Knochen fördert. Das Parathormon hingegen sorgt dafür, dass Kalzium aus den Knochen freigesetzt wird. Zu viel Parathormon kann die Knochen also schwächen.
Auch wenn eine chronische Niereninsuffizienz schon in frühen Stadien Einfluss auf den Knochenstoffwechsel haben kann, führt dies jedoch häufig erst in späteren Stadien zu Symptomen. Liegt deine GFR unter 30 ml/min sollten diese Werte daher auf jeden Fall bestimmt werden. Davor wird es nicht routinemäßig empfohlen. Wie häufig eine Kontrolle danach stattfinden soll, ist sehr individuell und solltest du am besten direkt mit deinem:er Nephrolog:in besprechen.
Medikamente und Niereninsuffizienz
Viele Medikamente werden über die Niere ausgeschieden und können dadurch ihre Funktion beeinträchtigen. Daher sollten die Medikamente, die du dauerhaft einnimmst, einmal im Jahr von deinem:er Ärzt:in kontrolliert werden und gegebenenfalls auf nierenfreundlichere Präparate umgestellt werden. Außerdem kann es zu einer langsameren Ausscheidung von Medikamenten kommen. Dadurch kann es notwendig sein, die Dosis anzupassen.
Unterstützung durch die Mizu-App
Wir haben jetzt so viele verschiedene Werte besprochen, da kann man leicht durcheinander kommen. Die Mizu-App kann dich dabei unterstützen trotzdem den Überblick zu behalten. So kannst du beispielsweise deine Nierenwerte, wie die eGFR oder dein Kreatinin, und Werte wie deinen Blutdruck jederzeit in deinem Tagebuch innerhalb der App dokumentieren. Die App zeigt dir sogar den Verlauf deiner Werte in einer Übersicht an. Zudem kannst du einen Medikationsplan erstellen, sodass du deine Dauermedikation immer griffbereit hast.