Um deine Nierenfunktion im Blick zu behalten, wird regelmäßig die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (=eGFR) bestimmt. Was es mit diesem Wert auf sich hat, erfährst du in diesem Artikel.
Egal ob bei dir erst kürzlich eine Nierenschwäche festgestellt wurde, du an der Dialyse bist oder vielleicht sogar eine neue Niere erhalten hast: Bei dir wurde mit Sicherheit schon einmal die Nierenfunktion bestimmt. Um deine Nierenfunktion zu messen, werden in der Regel regelmäßig einige Laborwerte erhoben. Sie helfen deinem Ärzteteam, den Status und das Fortschreiten deiner Nierenkrankheit im Auge zu behalten. Auch die Funktionsfähigkeit deiner neuen Niere kann so überwacht werden. Dadurch können gegebenenfalls die richtigen Schritte in deiner persönlichen Behandlung eingeleitet werden.
Einer der wichtigsten Werte in diesem Zusammenhang ist die sogenannte geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (=eGFR). Die eGFR ist für die Kontrolle deiner Nierenfunktion von großer Bedeutung, weshalb sie mindestens einmal im Jahr bestimmt wird. Bei einer fortgeschrittenen Nierenkrankheit oder kurz nach einer Transplantation wird die eGFR sogar noch deutlich häufiger erhoben. So kann die Funktion deiner Niere:n engmaschig kontrolliert werden. Was genau sich hinter diesem Laborwert versteckt und wie er dir dabei helfen kann, mehr über die Funktion deiner Niere:n zu verstehen, erfährst du in diesem Artikel.
Warum sind die Niere:n so wichtig?
Deine Niere:n übernehmen in deinem Körper eine Reihe verschiedener Aufgaben. Sie bilden zum Beispiel Hormone, wie Erythropoetin (=EPO), das die Bildung neuer roter Blutzellen anregt. Außerdem regulieren sie deinen Blutdruck und deinen Wasserhaushalt und filtern Schadstoffe aus deinem Blut. Bei zu hohen Konzentrationen können Letztere nämlich zu einer Gefahr für deine Gesundheit werden.
Aus diesem Grund werden die Niere:n auch oft als Hausmeister oder Filter deines Körpers bezeichnet. Sie scheiden aus, was im Laufe des Tages an Abfall- oder Abbauprodukten anfällt. Um dieser Funktion nachzukommen, fließt pro Tag eine Menge Blut durch deine Niere:n. Aus diesem Blut wird dein Urin gefiltert, der alle Schadstoffe und Abbauprodukte enthält. Diese werden dann später beim Wasserlassen ausgeschieden.
Was genau ist die eGFR?
Die eGFR ist ein wichtiger Parameter, um die Filterfunktion deiner Niere:n zu messen. Sie wird häufig als der wichtigste Parameter zur genauen Bestimmung der Nierenfunktion bezeichnet. Die eGFR gibt an, wie viel Flüssigkeit pro Minute von den kleinen Funktionseinheiten (= Glomeruli) deiner Niere:n gefiltert wird.
Arbeiten deine Niere:n gut und filtern sie ausreichend Schadstoffe und Abfallprodukte aus deinem Blut, dann ist auch die eGFR hoch. Nimmt die Funktion deiner Niere:n im Alter oder durch eine Nierenschwäche ab, so sinkt auch die eGFR. Sie wird in der Regel in der Einheit mL/min angegeben.
Welche Werte sind für die eGFR normal?
Von einer gesunden Nierenfunktion spricht man laut einer Einteilung der Kidney Disease Outcome Quality Initiative (=KDOQI) bei Werten von über 90 mL/min. Niedrigere Werte der eGFR werden in einzelne Stadien und Stufen eingeteilt. Diese Stadien dienen auch der Einteilung der Nierenfunktion bei der chronischen Nierenkrankheit (=CKD).
In der folgenden Tabelle haben wir die einzelnen Stadien der CKD mit den jeweils passenden eGFR Werten dargestellt:
Wie wird die eGFR gemessen?
Die Messung deiner eGFR erfordert eine Blutuntersuchung. Dabei wird die eGFR jedoch nicht als direkter Blutwert bestimmt. Stattdessen wird sie immer über den Wert anderer Parameter, wie Kreatinin oder Cystatin C, berechnet:
- Kreatinin ist ein Abbauprodukt aus dem Muskelstoffwechsel und wird über deinen Urin ausgeschieden.
- Cystatin C ist ein Protein, das von deinen Körperzellen gebildet wird. Es wird über deine Niere:n vollständig aus deinem Blut gefiltert.
Sowohl Kreatinin als auch Cystatin C werden in nierengesunden Menschen also durch die Nieren aus dem Blut gefiltert. So werden die Blutwerte für beide Stoffe nahezu konstant gehalten.
Nimmt nun die Filterfunktion der Niere:n ab, so steigt auch die Konzentration dieser beiden Stoffe im Blut an. Um nun deine eGFR zu berechnen, wird die Konzentration einer dieser beiden Stoffe im Blut bestimmt und in eine der gängigen Formeln zur Berechnung der eGFR eingesetzt. Einige Beispiele für anerkannte Formeln sind beispielsweise die CKD-EPI-Formel oder die Cockcroft-Gault-Formel. Aber keine Sorge, das Rechnen übernimmt immer das Labor oder dein Ärzteteam für dich.
Steigt dein Kreatinin oder Cystatin C im Blut an, spricht das oft für eine Abnahme deiner Nierenfunktion. Im Umkehrschluss sinkt also gleichzeitig deine eGFR und kann über die Einteilung - anhand der oben gezeigten Tabelle - Aufschluss über das Stadium deiner Nierenschwäche geben.
Wovon hängt die eGFR ab?
Die eGFR hängt neben deiner Nierenfunktion auch von einer Reihe anderer Faktoren ab. Da die eGFR kein alleinstehender Wert ist, sondern von anderen Blutwerten (z.B. Kreatinin, Cystatin C) abhängt, beeinflussen Änderungen dieser Werte auch deine eGFR. Neben deinem Alter gibt es auch eine Reihe anderer Faktoren, die Einfluss auf deine eGFR nehmen können. Zu diesen gehören beispielsweise:
- Alter
- Geschlecht
- Körpergewicht
- Körpergröße
- Hautfarbe
Aus diesem Grund berücksichtigen diverse sogenannte Näherungsformeln zur Berechnung der eGFR auch diese Variablen.
Warum ist die eGFR so wichtig?
Wie du bereits weißt, ist die eGFR ein wichtiger Indikator für deine Nierenfunktion. Eine Abnahme deiner Nierenfunktion kann für das Fortschreiten (=Progress) einer bestehenden Nierenschwäche, oder für eine Einschränkung deiner Transplantatfunktion sprechen. Eine stabile, ausreichend hohe eGFR spricht hingegen für eine gute Nierenfunktion. Beachte jedoch, dass gerade nach der Transplantation der eGFR Wert oft niedriger liegen kann als bei nierengesunden Menschen. Wichtiger ist für dein behandelndes Ärzteteam in diesem Fall, dass dein Wert stabil bleibt.
Der eGFR Wert dient - wie oben beschrieben - zur Stadieneinteilung einer bestehenden Nierenschwäche. So kann dein Ärzteteam das Fortschreiten einer möglichen Niereninsuffizienz im Blick behalten und die richtigen Maßnahmen einleiten, um deine Nieren gesund und fit zu halten. Sinkt dein eGFR Wert trotzdem bis in das Stadium eines Nierenversagens, kann so rechtzeitig erkannt werden, wann Maßnahmen für eine Nierenersatztherapie eingeleitet werden sollten. Dein eGFR Wert ist also wirklich Gold wert.
Zu guter Letzt kann dein eGFR Wert auch verwendet werden, um die Dosierung von Medikamenten anzupassen. Wenn die Niere:n nicht mehr richtig funktionieren, kann die Ausscheidung von Medikamenten aus dem Körper beeinträchtigt sein. Eine Überdosierung an Medikamenten kann zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Entsprechend deiner gemessenen eGFR kann die Dosierung deiner Medikamente regelmäßig angepasst werden, um eine sichere und wirksame Behandlung zu gewährleisten. Vor allem ab einer eGFR von unter 30 mL/min muss die Dosis zahlreicher Medikamente entsprechend adaptiert werden. Manche Medikamente dürfen sogar nicht mehr eingenommen werden. Genauere Informationen zu diesem Thema erhältst du jedoch immer von deinem Ärzteteam.
Wie kann ich meine eGFR beeinflussen?
Da dein eGFR Wert deine Nierenfunktion widerspiegelt, kannst du diesen Wert oft auch maßgeblich selbst beeinflussen. Dafür eignen sich die selben Maßnahmen, die deine Niere:n generell fit und gesund halten. Einige dieser Maßnahmen sind:
- Bewusste Ernährung nach den jeweiligen Vorgaben für das Stadium deiner Nierenkrankheit
- Regelmäßige und pünktliche Einnahme deiner Medikamente
- Ein gesundes und stabiles Gewicht
- Ausreichend Sport und Bewegung
- Gesunde Blutdruck- und Blutzucker Werte
Zu den gelisteten Themen findest du weitere Informationen in den anderen Artikeln der Mizu App. Bei Fragen zu deinen Laborwerten und rund um die Gesundheit deiner Niere:n kannst du dich auch immer an dein Ärzteteam wenden.
