Über welche Werte wird die Nierenfunktion gemessen?
Der wichtigste Parameter nach der Transplantation ist in der Regel deine Nierenfunktion. Sie wird über eine Reihe von Laborwerten wie Kreatinin, Harnstoff oder die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (=eGFR) bestimmt. Was genau hinter diesen Werten steckt, erfährst du in den folgenden Absätzen.
1. Kreatinin
Kreatinin ist ein Abbauprodukt aus dem Muskelstoffwechsel. Es wird über deine Niere:n ausgeschieden. Funktioniert deine neue Niere nicht so wie sie soll, steigt der Kreatininspiegel im Blut an. Dein genauer Kreatininspiegel hängt natürlich auch von deiner Muskelmasse ab. Kreatinin zeigt dir also an, wie gut deine Niere die Schadstoffe aus deinem Blut filtern kann.
Die Zielwerte für dein Kreatinin sind abhängig von deinem Geschlecht bei der Geburt. Für gesunde Frauen gilt ein Zielwert zwischen 0,5 und 0,9 mg/dL. Für gesunde Männer liegt der Zielwert zwischen 0,7 und 1,2 mg/dL. Aber keine Sorge, falls deine Werte nach der Transplantation leicht erhöht sind. Das ist oft nicht ungewöhnlich. Nach der Transplantation möchte dein Ärzteteam vor allem starke Schwankungen oder Anstiege des Kreatininwerts vermeiden. Ziel ist ein nicht all zu hoher Wert, der über die Zeit gesehen stabil bleibt.
2. Harnstoff, Harnstoff-N (=BUN)
Ähnlich wie das Kreatinin ist auch Harnstoff ein Abbauprodukt. Es stammt aus deinem Eiweißstoffwechsel und wird größtenteils über deinen Urin ausgeschieden. Ein hoher Harnstoffwert spricht also auch wieder für eine geringere Ausscheidung über deine Niere und damit für eine Abnahme der Nierenfunktion. Je nach Labor wird entweder Harnstoff oder der im Harnstoff enthaltene Stickstoff (=Harnstoff-N) gemessen. Die Zielwerte sind dann unterschiedlich aber die Bedeutung ist die gleiche.
Die Zielwerte für Harnstoff-N (auch BUN genannt) liegen bei gesunden Menschen zwischen 6 und 20 mg/dL oder 2,1 und 8,9 mmol/L - die für Harnstoff zwischen 13 und 54 mg/dl. In mmol/L hat auch Harnstoff den Referenzbereich von 2,1 - 8,9 mmol/L. Nach der Transplantation kann auch dieser Wert etwas höher liegen als normal.
3. Cystatin C
Cystatin C ist ein Eiweiß in deinem Blut. Es wird im gesunden Zustand über deine Niere:n aus deinem Blut gefiltert und dort abgebaut. Deine Niere:n halten den Cystatin C Wert in deinem Blut so im Gleichgewicht. Nimmt die Filterfunktion deiner Niere:n ab, steigt der Cystatin C Wert an - ganz ähnlich wie bei Kreatinin. Daher gilt Cystatin C ebenfalls als ein Indikator (=ein sogenannter “Marker” oder einfach Wert), über den man die Filterfunktion deiner neuen Niere bestimmen kann.
Die Zielwerte für Cystatin C liegen für gesunde Menschen, unabhängig vom biologischen Geschlecht zwischen 0,61 und 0,95 mg/l. Auch hier gilt, dass die Werte nach der Transplantation durchaus etwas höher liegen können.
4. Geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (=eGFR)
Die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate gibt Aufschluss darüber, wie viel Blut deine Niere pro Minute filtert. Sie ist kein eigener Wert, sondern wird berechnet. Für die Rechnung werden unter anderem der Kreatinin- oder Cystatin C Wert benötigt. In der Mizu App kannst du deine eGFR direkt eintragen.
Bei der chronischen Niereninsuffizienz ermöglicht dieser Wert eine Einteilung in grob gesehen fünf verschiedene Stadien. Mit sinkender Funktion der Nieren nimmt auch die eGFR von Stadium 1 bis Stadium 5 immer weiter ab. Liegt die eGFR unter dem Wert von 15 mL/min (=Stadium 5) spricht man von einem Nierenversagen. Auch nach der Transplantation wird die eGFR weiterhin verwendet, um zu kontrollieren, wie gut deine neue Niere arbeitet.
Nach der Transplantation muss deine eGFR nicht zwingend wieder über 90 mL/min liegen. Diesen Wert erreichen nach der Transplantation tatsächlich nur wenige Menschen. Wichtig ist vielmehr, dass deine eGFR nicht deutlich erniedrigt ist und - wie bei den anderen Werten auch - ein stabiles Niveau erreicht. Generell gilt nach der Transplantation, dass bei vielen Werten der zeitliche Verlauf wichtiger ist als der exakte Wert an einem Stichtag.
Albumin-Kreatinin-Ratio (=AKR)
Die AKR beschreibt einfach gesagt das Verhältnis von Albumin zu Kreatinin in deinem Urin. Kreatinin ist, wie du bereits weißt, ein Abbauprodukt aus deinem Muskelstoffwechsel, das häufig zur Messung deiner Nierenfunktion verwendet wird. Albumin ist eines der wichtigsten Eiweiße (=Proteine) deines Körpers und liegt im gesunden Zustand in großen Mengen im Plasma deines Bluts vor (=Plasmaprotein). Hier dient es als wichtiger Transporter für Hormone, Fette oder Medikamente.
Kommt Albumin in größeren Mengen als üblich in deinem Urin vor (=Albuminurie), kann das ein Hinweis auf einen Schaden an deinem Transplantat sein. Daher gehört die AKR für dein Ärzteteam auch nach der Transplantation zu den wichtigsten Laborwerten zur Kontrolle deiner Nierenfunktion. Generell wird bei einer Albuminurie zwischen einer sogenannten Mikroalbuminurie (=wenig Albumin im Urin) und einer Makroalbuminurie (=viel Albumin im Urin) unterschieden. Der entscheidende Unterschied ist in diesem Fall die Menge an Albumin, die in deinem Urin gemessen werden kann. In der folgenden Tabelle haben wir die unterschiedlichen Referenzwerte für dich zusammengefasst. Nähere Infos erhältst du natürlich wie immer von deinem Ärzteteam.
Neben der AKR kann auch die Protein-Kreatinin-Ratio (PKR) im Urin bestimmt werden. Anders als bei der AKR wird hier nicht das Verhältnis zwischen Albumin und Kreatinin, sondern das Verhältnis zwischen der gesamten Proteinmenge und dem Kreatin im Urin bestimmt. Logischerweise ist die PKR also in der Regel höher als die AKR, da in diesem Fall alle Proteine in deinem Urin zusammengezählt werden. Niedrige Werte der PKR sprechen für eine normale Nierenfunktion, während erhöhte Werte auf einen Schaden deines Transplantats hinweisen können. Deutlich erhöhte Werte der PKR können außerdem ein Hinweis auf ein schnelleres Fortschreiten einer möglichen Funktionseinschränkung deines Transplantats sein. Klassische Referenzwerte für die PKR sind:
Immunsuppressiva
Diese Medikamentengruppe bremst (=supprimiert) dein Abwehrsystem (=Immunsystem) und schützt deine neue Niere vor einer Abstoßung durch dein Immunsystem. Sie stellen einen festen Bestandteil der dauerhaften Therapie nach einer Organtransplantation dar - unabhängig davon, welches Organ transplantiert wurde.
Was ist der “Spiegel” deiner Immunsuppressiva?
Wie immer im Leben lassen sich auch die Immunsuppressiva aus verschiedenen Perspektiven betrachten. So verfolgen sie das Ziel, deine neue Niere vor Angriffen durch dein Immunsystem zu schützen und gleichzeitig kann es aber auch zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Um die optimale Balance zwischen gewünschter Wirkung und unerwünschten Nebenwirkungen zu erreichen, wird regelmäßig die Konzentration (=Spiegel) deiner Immunsuppressiva in deinem Blut bestimmt - die sogenannte Spiegelkontrolle. Der genaue Zielwert für die Menge an Immunsuppressiva in deinem Blut erfährst du wie immer von deine:r behandelnden Nephrolog:in.
Was ist der ungefähre Zielwert für den Tacrolimus Spiegel?
Ein häufig eingesetztes Immunsuppressivum nach Nierentransplantation ist der Wirkstoff Tacroliums. Ein wichtiger Begriff bei der Dosierung von Tacrolimus ist der sogenannte Talspiegel. Das ist die Menge an Tacrolimus in deinem Blut direkt vor der nächsten Einnahme. Generell ist der Zielwert des Talspiegels für jeden Patienten individuell und hängt davon ab, wie lange die Transplantation her ist. Gerade kurz nach der Transplantation werden oft höhere Werte als nach ein paar Monaten anvisiert. Die genauen Zielwerte für die Talspiegel deiner Immunsuppressiva erhältst du immer von deinem Ärzteteam. Deinen Tacrolimus Spiegel kannst du jederzeit in deiner Mizu App dokumentieren, um die Entwicklung dieses wichtigen Medikamentenspiegels immer im Blick zu behalten.
Im Folgenden haben wir typische Zielwerte für deinen Tacrolimus Spiegel, in Abhängigkeit von der Dauer nach der Transplantation, zusammengefasst. Diese Zielwerte gelten dann, wenn deine Niere gut funktioniert und du keine anderen körperlichen oder gesundheitlichen Probleme nach der Transplantation hast. Prinzipiell gilt natürlich wie immer, dass die Werte, die dir dein Ärzteteam vorgibt, Vorrang haben. Mögliche Zielwerte zu anderen Immunsuppressiva findest du auch in weiteren Artikeln der Mizu App.
Wie kann der Immunsuppressiva-Spiegel beeinflusst werden?
Der Spiegel deiner Immunsuppressiva hängt natürlich vor allem von der richtigen Einnahme deiner Medikamente ab. Nimmst du deine Medikamente zu den Zeitpunkten ein, die dir dein Ärzteteam vorgibt, sollte dein Spiegel im vorgegebenen Rahmen liegen. Dennoch gibt es ein paar Dinge zusätzlich zu beachten.
Grapefruitsaft kann beispielsweise den Abbau von Medikamenten und somit auch deiner Immunsuppressiva verzögern und zu höheren Spiegeln der Medikamente im Blut führen. Johanniskraut-Tee kann den Abbau von Medikamenten beschleunigen und so zu niedrigeren Werten führen. Wie du dir wahrscheinlich denken kannst, bedeutet das: Finger weg von Grapefruit und Johanniskraut, wenn du gleichzeitig Immunsuppressiva wegen eines Transplantats nehmen musst. Auch die Einnahme anderer Medikamente zusammen mit deinen Immunsuppressiva solltest du immer zuerst mit deinem Ärzteteam absprechen. Denn sie können sich gegenseitig beeinflussen, was man als Wechselwirkung bezeichnet. Unter Umständen, können Medikamentenwechselwirkungen gesundheitliche Folgen haben.
CRP
Das C-reaktive Protein (=CRP) ist ein Teil des körpereigenen Immunsystems. Bei Entzündungen oder Infektionen wird es von deinem Körper gebildet. Der CRP-Spiegel im Blut steigt also ebenfalls bei Entzündungen, Gewebeschäden oder Infektionen an. Der CRP-Wert lässt aber keinen Rückschluss auf das exakte Krankheitsbild, den Keim einer Infektion oder den Ursprung eines Gewebeschadens zu. Es ist ein unspezifischer Wert, der in der Regel im Anschluss die Einleitung weiterer Untersuchungen zur Erforschung der genauen Ursache erfordert.
Nach der Transplantation sind Infektionen durch die Einnahme von Immunsuppressiva häufiger und gefährlicher für deinen Körper und deine neue Niere. Daher wird dein Ärzteteam deinen CRP-Wert nach der Transplantation regelmäßig kontrollieren.
Was ist der ungefähre Zielwert für das CRP?
Der Zielwert für dein CRP liegt im Blut bei unter 5 mg/L. In manchen Fällen wird der CRP-Spiegel auch in mg/dL gemessen. Dann gilt ein Zielwert von unter 0,5 mg/dL. Die Höhe des CRP-Werts kann dabei Rückschluss auf den Schweregrad einer Infektion oder einer Entzündung geben.
Wie kann das CRP beeinflusst werden?
Wie du bereits weißt, steigt dein CRP-Wert unter anderem durch mögliche Entzündungen oder Infektionen an. Nach der Transplantation solltest du dich also bestmöglich vor potentiellen Infektionsherden schützen. Dafür eignen sich eine gesunde, keimarme Ernährung, ausreichend Bewegung und genügend Schlaf.
Außerdem werden dir vor und nach der Transplantation verschiedene Impfungen angeboten, um zum Beispiel im Falle der herbstlichen Grippewelle geschützt zu sein.
Leukozyten
Leukozyten sind die weißen Blutkörperchen in deinem Körper. Sie sind Teil deines Immunsystems und verteidigen dich gegen Infekte. Daher steigen die weißen Blutkörperchen auch in der Regel bei bakteriellen Infektionen oder Entzündungen an.
Was ist der ungefähre Zielwert für Leukozyten?
Je nachdem welche Maßeinheit das Labor angibt, sind das üblicherweise 4-10 x 10^9/L oder 4-10 G/L Leukozyten.
Wie können Leukozyten in der Nierentherapie beeinflusst werden?
Nach der Transplantation hast du eine reduzierte Infektabwehr. Das Abwehrsystem deines Körpers ist also nicht ganz so stark. Deshalb ist es immens wichtig, dich fit zu halten und auf eine gesunde Ernährung zu achten. Deine Ernährung solltest du nach der Zeit an der Dialyse wieder ausgewogener gestalten. Behalte dabei jedoch das Prinzip der “keimarmen Ernährung” im Blick. Dadurch kannst du Infektionen vorbeugen und deine Abwehrzellen und so auch die Leukozyten im Normalbereich halten. Mehr darüber erfährst du in den anderen Artikeln der Mizu App.
Hämoglobin
Das Hämoglobin (=Hb) ist ein Protein in deinen roten Blutkörperchen, den Erythrozyten. Da es deinen roten Blutkörperchen ihre rote Farbe verleiht, wird es auch als Blutfarbstoff bezeichnet. Die wichtigste Aufgabe des Hämoglobins ist der Transport von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid im Blut. Ein Mangel an Hämoglobin bedeutet also v.a. weniger Sauerstoff für deine Zellen und kann dich daher müde und schlapp machen.
In ernsten Fällen kann es sogar zu Atemnot kommen. Da Hämoglobin der Sauerstoff- und Kohlendioxidträger im Blut ist, wird dieser Wert verwendet um eine Blutarmut (= Anämie) nachzuweisen.
Was ist der ungefähre Zielwert für Hämoglobin?
Während an der Dialyse oft niedrigere Zielwerte gelten, liegt der Zielbereich für dein Hämoglobin nach der Transplantation bei Männern zwischen 13 und 17 g/dL und bei Frauen zwischen 12 und 16 g/dL. Direkt nach der Transplantation ist es oft so, dass diese Werte noch etwas niedriger sind und sich erst einpendeln müssen.
Wie kann Hämoglobin in der Nierentherapie beeinflusst werden?
Wie bei den Erythrozyten spielt auch hier die Ernährung eine immens wichtige Rolle. Dein Körper braucht Eisen, um Hämoglobin herzustellen. Den Eisengehalt von Lebensmitteln kannst du auch im Nahrungschecker deiner Mizu App nachschauen.