Mit einer neuen Niere empfinden viele Menschen, die zuvor an der Dialyse waren, dass sie wieder ein Stück Normalität in ihrem täglichen Lebensrhythmus zurückgewinnen. Ein Rhythmus, der während der Dialyse, maßgeblich durch die starren Therapiezeiten vorgegeben wird. Sobald dein Transplantat seine Funktion vollständig aufgenommen hat, sind die täglichen oder mehrmals wöchentlichen Dialysetherapien nicht mehr nötig. In diesem Zusammenhang, entspannt sich auch vieles im Hinblick auf die Ernährung, welche zuvor ab und an eine knifflige Herausforderung sein kann. Welches die Kernunterschiede im Vergleich zur Zeit an der Dialyse sind, wollen wir uns jetzt einmal gemeinsam anschauen. Bitte beachte dabei, dass die Richtwerte in diesem Artikel nur als allgemeine Richtwerte gelten. Dein Ärzteteam kennt deine persönliche Gesundheitssituation am besten und du solltest dich natürlich immer nach deren Empfehlungen richten.
Kalium & Phosphat
Wenn du zuvor an der Dialyse warst, beherrscht du die Prinzipien der phosphat- und kaliumarmen Ernährung höchstwahrscheinlich wie im Schlaf. Während der Dialyse hat das einen besonders hohen Stellenwert: Wenn die Nieren (fast) nicht mehr funktionieren, schaffen sie es auch nicht, ausreichend Kalium und Phosphat über den Urin auszuscheiden. Dadurch kann der Kalium- und Phosphathaushalt im Blut aus dem Gleichgewicht geraten.
Vor allem zu hohe Kalium- und Phosphatwerte bereiten dem behandelnden Ärzteteam Kopfzerbrechen. Diese beiden Elektrolyte können an der Dialyse nur während der Therapie aus dem Körper entfernt werden. Deshalb ist es in dieser Zeit so wichtig, den Prozess zu unterstützen, in dem man nicht zu viel Kalium und Phosphat über die Nahrung aufnimmt. Grundlegendes Ziel ist es, die Menge an Kalium im Blut im Normbereich zu halten. Dieser bewegt sich für Kalium zwischen 3,5 und 5,0 mmol/L. Für Phosphat ist es oft schwieriger und daher ist das Ziel den Wert so nahe wie möglich an den Referenzbereich heranzubringen. Dieser liegt im Blut zwischen 0,84 und 1,45 mmol/L.
Was ändert sich nach der Transplantation?
Als grober oberer Grenzwert wird für Menschen an der Dialyse eine maximale Aufnahme von 3.000 mg Kalium pro Tag und maximal 800 bis 1.000 mg Phosphat pro Tag empfohlen. Besonders die strengen Richtwerte für Kalium sind nach der Transplantation oft nicht mehr relevant. Dein Wissen, welche Lebensmittel besonders viel Kalium und Phosphat beinhalten, darfst du jedoch ruhig im Hinterkopf behalten. Dementsprechend solltest du dir zum Beispiel nur zu ganz besonderen Anlässen eine Cola gönnen. Doch dass Cola - unabhängig von deiner Niere - nicht gesund ist, weißt du vermutlich selbst.
Für Transplantierte können die gleichen Regeln in Bezug auf Kalium und Phosphat, wie für nierengesunde Menschen herangezogen werden. Für Kalium liegt das empfohlene Tagesmaximum bei 4.700 mg und für Phosphat bei weniger als 1000 mg.
Die genauen Richtwerte sind je nach Quelle etwas unterschiedlich. Sofern dir dein Transplantationsteam nichts anderes empfiehlt, ist es viel wichtiger auf eine allgemein ausgewogene Ernährung zu achten.
Nach der Transplantation kann es sogar zu niedrigen Phosphatspiegeln in deinem Blut kommen. Hier wird dir dein Transplantationsteam vielleicht sogar Tabletten mit extra viel Phosphat verschreiben.
Sollte es auf der anderen Seite doch eher zu hohen Phosphat- oder Kaliumspiegeln in deinem Blut kommen, kann zumindest vorübergehend wieder eine Einschränkung, wie während der Dialyse, von deinem Transplantationsteam empfohlen werden.
Dein behandelndes Ärzteteam wird deine Kalium- und Phosphatblutwerte weiterhin regelmäßig kontrollieren. Damit stellen sie sicher, dass deine Elektrolytspiegel weiterhin im Normbereich liegen. Kommt es zu groben Ausreißern, kann es sein, dass du wieder ein bisschen mehr darauf achten solltest, was du isst. Darüber sollte dich bei Bedarf dein Transplantationsteam informieren. Solange deine Niere einen super Job macht, sollte es jedoch gar nicht so weit kommen.
In der folgenden Tabelle findest du noch mal eine kurze Zusammenfassung der möglichen Zielbereiche im Falle einer Kalium und/oder Phosphat reduzierten Ernährung:
Eiweiße (=Proteine)
Eine wichtige Energiequelle in der Ernährung stellen Eiweiße (=Proteine) dar. Da im Rahmen der Dialyse häufig Proteine aus dem Körper verloren gehen, liegt der Proteinbedarf in dieser Zeit deutlich höher. Er liegt bei mindestens 1,2 g Eiweiß pro Kilogram Idealgewicht pro Tag. Proteine sind für viele Körperfunktionen essenziell - ganz besonders für deine Muskeln, dein Immunsystem und deine Wundheilung. Damit diese Systeme, trotz erhöhtem Eiweißverlust an der Dialyse, weiter einwandfrei funktioniert, ist es in dieser Zeit wichtig, mehr Proteine zu sich zu nehmen.
Was ändert sich nach der Transplantation?
Mit der neuen Niere fallen die kräfte- und eiweißzehrenden Dialysebehandlungen endlich weg und die neue Niere übernimmt hoffentlich schnell wieder die Aufgabe des körpereigenen Hausmeisters.
Wie weiter oben erwähnt, sind Proteine auch bei der Wundheilung besonders wichtig. Deswegen wundert es dich wahrscheinlich nicht, dass du die ersten 4 Wochen nach der Transplantation ebenfalls nicht an Eiweiß in deiner Ernährung sparen solltest. In dieser Zeit können sogar 1,4 g Proteine pro Kilogramm deines Idealgewichts pro Tag oder mehr empfohlen werden. Im Anschluss kann eine tägliche Eiweißzufuhr von ca. 1 g pro Kilogramm Idealgewicht empfohlen werden.
Im Allgemeinen sind die genauen Tagesrichtwerte weniger wichtig als eine ausgewogene und gesunde Ernährung (mediterrane Kost ist das gängigste Beispiel). In diesem Artikel ist jetzt schon oft das Wort “Idealgewicht” gefallen. Das ist vor allem relevant wenn du besonders über- oder untergewichtig bist (Untergewicht: BMI <16; Übergewicht >30 kg/m²). Dein Idealgewicht berechnet sich als Mann mit 50,0 kg + 2,3 kg für alle 2,5cm über 152,4 cm und als Frau mit 45,5 kg + 2,3 kg für alle 2,5 cm über 152,4 cm Körpergröße.
Hier ein kleines Rechenbeispiel für das Idealgewicht einer Frau mit einer Körpergröße von 160 cm:
160 cm - 152,4 cm = 7,6 cm
7,6 cm : 2,5 = 3,04
3,04 x 2,3 kg = 6,992 kg —> ca. 7 kg
45,5 kg + 7 kg = 52,5 kg Idealgewicht
Wie immer sprichst du am besten mit deinem behandelnden Ärzteteam, um eine persönliche Empfehlung für deine Ernährung zu erhalten. Alle Informationen zum Thema Eiweißzufuhr findest du noch einmal in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Energiebedarf
Die Menge an Energie, die sich in deiner Nahrung befindet, wird in Kalorien (z.B. Kilokalorien =kcal) angegeben. Wie viel Energie dein Körper am Tag verbraucht, hängt von vielen verschiedenen Dingen ab. So spielt zum Beispiel von deinem biologischen Geschlecht. Außerdem macht es natürlich einen Unterschied, ob du viel Zeit auf der Couch verbringst oder Ausdauersport betreibst. Die Zeit an der Dialyse geht in der Regel ebenfalls mit einem erhöhten Energieverbrauch einher. Zu dieser Zeit gilt als Faustregel, dass man ca. 25 bis 35 kcal pro Kilogramm Idealgewicht pro Tag zu sich nehmen sollte.
Was ändert sich nach der Transplantation?
In der Regel kannst du dich auch in den ersten Wochen nach der Transplantation und längerfristig an den gleichen Richtwert von 25 bis 35 kcal pro Kilogramm Idealgewicht orientieren. Wenn du eher untergewichtig bist kann es sein, dass dein:e Ernährungsberater:in (spezialisiert auf Nierentransplantation) etwas mehr kcal pro Tag empfiehlt. Im Falle eines Übergewichts gilt natürlich das Gegenteil.
Generell gelten nach der Nierentransplantation wieder dieselben Vorgaben von ca. 25 bis 35 kcal pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag, die du schon aus der Zeit an der Dialyse kennst. Es ist natürlich wichtig für deine Gesundheit, dass dein Körpergewicht im grünen Bereich liegt. Doch auch deine neue Niere profitiert von einem gesunden Gewicht. Studien haben sogar festgestellt, dass die neue Niere bei Menschen mit Normalgewicht häufig länger funktioniert als bei Übergewichtigen. Wenn du dein Idealgewicht noch nicht erreicht haben solltest, wird deine empfohlene Energiezufuhr eher im Bereich von 25 kcal pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag liegen. Wenn du eher untergewichtig bist könnten 35 kcal pro Kilogramm Idealgewicht oder mehr empfohlen werden. Doch wie immer erfährst du deine persönlichen Zielwerte am besten von deinem behandelnden Ärzteteam.
In der folgenden Tabelle findest du die wichtigsten Informationen noch einmal zusammengefasst:
Trinkmenge
Du hast wahrscheinlich immer noch die Stimme deine:r behandelnden Ärzt:in im Ohr, der/die dich ermahnt, nicht zu viel zu trinken. Während der Zeit an der Dialyse wird das überschüssige Wasser im Körper primär im Rahmen der Dialysebehandlungen entfernt. Damit sich zwischen den Therapien nicht zu viel Wasser im Körper ansammelt, ist es wichtig, nicht zu viel zu trinken. Die persönliche Trinkmenge orientiert sich dabei vor allem an der Menge an Urin, die täglich produziert wird. Als Faustregel gilt grundlegend, dass man etwa 500 mL mehr trinken darf, als man Urin produziert.
Was ändert sich nach der Transplantation?
Die neue Niere ist da, und sobald sie ihre volle Funktion entfaltet hat, wird sie auch wieder fleißig Urin produzieren. In der Regel entfällt damit auch die Trinkmengenbeschränkung recht bald. Ab jetzt gelten dann wieder dieselben Regeln wie für nierengesunde Menschen. Du kannst also in der Regel mindestens 1,5 bis 2 Liter (am besten natürlich Wasser) am Tag trinken. Trink am besten so viel, wie dein Durst dir vorgibt und achte darauf, dass du nicht unter 1,5 L pro Tag kommst. Doch wie immer hat auch hier dein behandelndes Ärzteteam das letzte Wort.
Keimarme Ernärhung
Eine Neuerung in Bezug auf deine Ernährung, die sich deutlich von der Zeit an der Dialyse unterscheidet, ist das Thema der keimarmen Ernährung. Damit deine neue Niere entspannt in deinem Körper ankommen und gute Arbeit leisten kann, musst du sogenannte Immunsuppressiva einnehmen. Das sind Medikamente, die dein körpereigenes Abwehrsystem (=Immunsystem) drosseln, damit es deine neue Niere nicht als Fremdkörper identifiziert und im schlimmsten Fall abstößt.
Diese Medikamente sind überlebenswichtig für deine neue Niere. Doch wie immer gibt es Vor- und Nachteile. Wenn dein Immunsystem heruntergefahren wird, um deine neue Niere zu schützen, entgehen ihm auch schneller Krankheitserreger wie Viren, Bakterien und Pilze. Da sich diese Keime auf Essen und Lebensmitteln verstecken können, gibt es ein paar Regeln an die du dich nach der Transplantation halten solltest. Diese “Regeln” werden unter dem Begriff der keimarme Ernährung zusammengefasst. Aber keine Sorge - mit ein paar Tipps und Tricks meisterst du auch diese Herausforderung. Da es sich hierbei um ein sehr wichtiges Thema handelt, findest du einen eigenen Artikel zum Thema “keimarme Ernährung” in der Mizu App.
Was bleibt gleich?
Jetzt kennst du schon die wichtigsten Veränderungen in Bezug auf deine Ernährung nach der Transplantation im Vergleich zur Zeit an der Dialyse. Doch es gibt auch noch ein, zwei Sachen, die sich nicht verändern.
Du sollst dich weiterhin gesund und ausgewogen ernähren. In Bezug auf die Gesundheit deiner neuen Niere wird die mediterrane Diät empfohlen. Zentrale Bestandteile sind Fisch statt Fleisch, viel Obst und Gemüse und Pflanzenfette statt tierischen Fetten. Wie schon besprochen, musst du hier jetzt in der Regel nicht mehr so sehr auf die Phosphat- und Kaliummengen achten.
Da die mediterrane Diät auch davon lebt, die Gerichte selbst zuzubereiten, hast du die Menge an Salz auch wortwörtlich selbst in der Hand. Du kennst es ja schon von der Zeit an der Dialyse, in der du dich salzarm ernähren solltest. Konkret geht es dabei um das Elektrolyt Natrium, das im Kochsalz enthalten ist. Der Natriumspiegel in deinem Blut wird normalerweise ebenfalls von deiner Niere reguliert. Vor der Transplantation hat das natürlich auch die Dialyse übernommen. Die Empfehlung von maximal 2,3 mg Natrium pro Tag gilt auch für nierengesunde Menschen und damit auch für dich nach der Transplantation. Diese 2,3 mg Natrium entsprechen ungefähr 6 g Salz, was damit auch deinem maximalen Tagesbedarf entspricht. Das heißt, in diesem Fall brauchst du dich gar nicht umgewöhnen. Du kannst deinen Speisen weiterhin mit Kräutern und Gewürzen ordentlich Pep verleihen. Wenn du das tust, dann brauchst du automatisch weniger Salz. Und auch auf versteckte Zucker in Fertiggerichten fällst du nicht mehr herein, wenn du selbst kochst.
Möchtest du noch mehr über die mediterrane Ernährung wissen, schau doch mal in die anderen Blogartikel zu diesem Thema in der Mizu App.
Wie behalte ich den Überblick über meine Ernährung?
Kennst du schon das Ernährungstagebuch in der Mizu App? Da kannst du auch nach der Transplantation weiterhin deine individuellen Tageszielwerte - zum Beispiel für Phosphat, Kalium und Natrium - eintragen. Außerdem kannst du dokumentieren, was du am Tag isst. Dir wird dabei automatisch angezeigt, wie viel deines Tagesrichtwertes mit der entsprechenden Mahlzeit abgedeckt wird. So behältst du immer den Überblick. Und jetzt viel Spaß beim Essen und Trinken!